Es gibt Alben die interessieren kaum jemanden. Die CDs liegen irgendwo in Bibliotheken und werden nur durch Zufall entdeckt. Als ich “The Chicago Tapes 1991” in der Stadtbücherei Bochum 
sah, bekam ich große Augen und lieh das gute Stück aus. Ab nach hause und in den Player gelegt. Zwei Wochen war die Rückgabegabefrist und daher lief es damals jeden Tag mindestens einmal. Ein CD-Brenner kostete, mit 2-facher Geschwindigkeit, ungefähr 500 DM und ein Rohling im Sonderangebot 20 DM. Die Aufnahme auf Kassette funktionierte mal wieder nicht. Pech gehabt, die CD ging ohne Sicherheitskopie zurück zur Bücherei. Einige Wochen später suchte ich die CD noch einmal in der Bücherei, aber das gute Stück war nicht mehr zu sehen. Bei der Ausgabe nachgefragt: die CD wurde in der Zwischenzeit ausrangiert und für 1,00 DM verkauft. Sie wurde nur einmal ausgeliehen und das von mir! Internet gab es 1993 noch nicht bei mir, es gab also keine Chance das Album je wieder zu bekommen.
Ein Jahrzehnt später gab es dann das Internet. Ein Album mit gleichem Titel wurde gesichtet und gekauft. Es war nicht die Leihgabe aus der Bücherei, aber eine ähnliche Session: “The Pretty Things & Yardbird Bluesband – Wine , Women & Whiskey – 1992”. Nicht schlecht, aber es war nicht das gesuchte Album!
Durch Zufall fiel mir die CD Jahre später doch noch in die Hände. Auf der Suche nach Alben von Coral bei einem großen Händler, wurde “The Pretty Things / Yardbird Blues Band – The Chicago Blues Tapes 1991” für 10€ angeboten. So schnell hab ich noch nie auf den Einkaufswagen geklickt. Drei Tage später lag die CD im Briefkasten! Aufgenommen vom 16. bis 23.01.1991 in den Seagrape Recording Studios Chicago.
Die Songs sind alle Bluesstandards. Sie wurden gezielt für die Musiker von The Pretty Things und “The Yardbirds” ausgesucht. Auf den ersten Alben der zwei Bands gab es ähnliche Musik zu hören. Rauer Rhythm ‚n’ Blues im Stil der britischen Bands in der ersten Hälfte der 1960er Jahre. Nichts wird irgendwie glatt gebügelt. Die Aufnahmen erinnern mich irgendwie an den Stil von Hounddog Taylor. Wer Kunststücke auf der Gitarre oder den anderen Instrumenten erwartet, der wird enttäuscht. Kurze knappe Soli, die prägnante Stimme von Phil May und das trockene Schlagzeug von Jim McCarty. Blues in Reinform, ganz ohne Anleihen anderer Stilrichtungen. Anspieltipps sind “Can’t Hold Out” und “Scratch My Back”.
Ein Jahr später ging es weiter mit dem “McCarty – Hite Project und Weekend in Memphis” und dem oben erwähnten Album “The Pretty Things/Yardbird Bluesband – Wine , Women & Whiskey – 1992”. Beide Alben kann ich nur empfehlen!
Die Mitspieler:
Phil May: voc.; perc.
Dick Taylor: guit.
Studebaker John: guit, harp
Richard Hite: Bass
Jim McCarty: drums
Chicago Slim: slide guit.
Abdul Regnas: guit.
Rick Regnas: guit.
Erwin Helfer: piano
Rokko Jans: piano
Die Songs:
You Can’t Judge The Book By The Cover
Down In The Bottom
Hush Hush
Can’t Hold Out
Spoonful
She Fooled Me
Time Is On My Side
Scratch My Back
Long Tall Shorty
Diddley Daddy
Ain’t Got You
Caress Me Baby
Here’s My Picture
Chain Of Fools
Don’t Start Cryin’ Now
