Bob Geldof – Tragische Rocker 9

Licht & Schatten im Studio, auf Bühnen, aber auch Privat

Bob Geldof Junior – Wo ordne ich den Iren Sir Bob aus der Hafenstadt Dún Laoghaire südlich von Dublin an der Ostküste der grünen Nordsee-Insel ein. Bei den Brit-Barden, Tragischen Rockern oder den übergroßen Rock-Helden. Ich habe mich für die Tragischen Rocker entschieden und nachfolgend begründe ich das auch. Robert Frederick Zenon Geldof, geboren am 05. Oktober 1951 als Sohn (wird heute 70, das haben viele Tragik-Rocker nicht erreicht) von Evelyn (Kino-Geschäftsführerin) und Robert Geldof Senior (starb 2010 mit 96), wuchs in dieser unbedeutenden Kleinstadt auf. Früh verstarb 1959 seine lebenslustige, bildhübsche 44-jährige Mutter an einer plötzlichen Hirnblutung. Er wurde deshalb in der Obhut seiner beiden älteren Schwestern Cleo und Lynn groß. Cleo übernahm dann 18-jährig den Familienvorstand, weil Papa Geldof ständig als Vertreter (wie auch sein Chef, Bruder/Onkel Sonny) unterwegs war. Schon früh während seiner Schulzeit hatte er wegen typischen jugendlichen Bagatellen und Streichen schwer Stress mit Vater und der von katholischen Geistlichen geführten Schule. Der Bruch mit seinem Vater und die strenge von ihm und der Schule führten zu gesundheitlichen Problemen und zu Schlechtleistung, Misstrauen und Isolation. Auch auf dem angesehenen Blackrock-College setzte sich das alles fort und die Kluft zwischen Lehrer sowie Vater wurden immer größer. Noch schlimmer wurde es dann noch, als sich Bob für die Rolling Stones begeisterte, sein Vater aber die Beatles verehrte. Nach dem College arbeite er in vielen verschiedenen Jobs, zuletzt beim kleinen lokalen Musik-Magazin Georgia Street in Vancouver, Kanada.

Boomtown Rats: Debüt

Rats: A Tonic For The Troops

Rats: The Fine Art Of Surfacing

The Boomtown Rats – Zurück in Irland arbeite er 1975 weiter als freier Musik-Journalist, inspiriert dadurch fing er nun selbst an zu musizieren, gründete 1976 in seiner Heimatstadt zusammen mit fünf Mitstreitern die Rhythm & Blues Band The Nightlife Thugs, aus denen kurze Zeit später in England nach Wechsel des Stils die Boomtown Rats (Arbeiter in Ölfeldern im Buch »Bound For Glory«) wurden. Sie bekamen lukrative Angebote von großen Labels, schlossen aber einen Vertrag bei der kleinen Firma Ensign ab. Vier Alben und der Mega-Hit »I Don’t Like Mondays« (1979), das vom Amoklauf der 16-jährigen Brenda Ann Spencer 1979 in San Diego inspiriert wurde, waren die Spur die das Sextett in nur vier Jahren hinterließ. Danach wurden noch »V Deep« (1982) und »In The Long Grass« (1984) für Mercury veröffentlicht. 1982 gab Bob Geldof, der auch fast alle Lieder der Rats schrieb, ein erfolgreiches schauspielerisches Gastspiel in der Hauptrolle Pink im Spielfilm »Pink Floyd – The Wall« (Regie Alan Parker). Den Film sah ich Mitte August 2021 Live vertont mit der Musik der italienischen Prog-Rock-Band RanestRane aus Rom. Mit ihren im New Wave verpackten politischen Botschaften beeinflussten sie nachhaltig viele spätere irische (aber nicht nur) Bands. 1986 wurden die Rats nach ihrer letzten Tour erstmals in den frühen Ruhestand geschickt und im Juni 2013 dann wieder extra für das Isle Of Wight Festival in Original-Besetzung wieder reaktiviert. Bis heute ist Sir Bob gelegentlich mit seinen früheren irischen Kumpels unterwegs.

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Hilfe für die Welt – Ein großes Kapitel seiner Karriere, und natürlich auch in seiner Biografie nimmt das soziales und politisches Engagement ein, das bis heute andauert. Durch eine TV-Dokumentation der BBC wird er 1984 auf die erbärmlichen Zustände in Äthiopien aufmerksam. Weil bei den Ratten nicht so viel läuft und Tour-Pause angesagt ist, beschließt er etwas zur Hilfe zu unternehmen. Zusammen mit Midge Ure von der den New-Wave-Kollegen Ultravox schreibt Geldof das Lied »Do They Know It’s Christmas?«, bringt es als Benefiz-Single zum Weihnachtsgeschäft Dezember 1984 heraus. Schon 1985 ruft er das Projekt Band Aid ins Leben, um weiteres Geld gegen die Hungersnot in Äthiopien zu sammeln. Animiert durch diesen Erfolg der Projekte organisierte er im Juli 1985 das bis dahin größte weltweite Konzert-Ereignis als Live Aid. Es folgen noch Band-Aid-II (1989) und Band Aid 20 (2004). Das alles war ein Segen für Bob Geldof aber der Todesstoß für die Boomtown Rats. Deren letzte große Tour war restlos ausverkauft, aber kaum einer interessierte sich noch für die Band. Sir Bob: „Die Zuschauer waren nur in Mr. Fucking Band Aid interessiert. Es schien, als hätten sie die Boomtown Rats vergessen, deren Platten sie ein Jahrzehnt lang massiv gekauft und gehört hatten“. Immer wieder wurde er für den Nobelpreis (Frieden) nominiert, geklappt hat es bis heute nicht. Alles durchaus tragisch aber nicht total unvorhersehbar.

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Paula Yates – Der tragischste Teil der Geschichte ist aber Bob’s eigene Familiengeschichte. Er hätte aus seiner eigenen Kindheit lernen sollen, hat er aber leider nicht. Im Folgenden die Kurzform. Der omnipräsente Rock-Rebell Bob Geldof und die sehr populäre und attraktive britische TV-Moderatorin Paula Yates waren in den 80igern ein Traumpaar und deshalb wie üblich stark im Fokus der Brit-Klatsch-Medien. Sie waren ein Paar von 1978 bis zur Scheidung 1996, hatten die drei Töchter Fifi Trixibelle (*1983), Peaches Honeyblossom (1989-2014) und Little Pixie (*17-09-1990). Die Geschichte von Peaches ist ebenso traurig und passt haargenau in diese Familie. Die Ehe der Geldof’s war begleitet von ständigen Klatsch-Geschichten, regelmäßigen Pressemitteilungen und handfesten Skandalen, wurde dann aber geschieden. Paula war ein Jahr zuvor ein Verhältnis mit dem australischen Frontmann von INXS (Michael Hutchence) eingegangen. Im selben Jahr wurde deren gemeinsame Tochter Heavenly Hiraani Tiger Lily geboren. Schon allein an den Namen der vier Kinder kann man ableiten was in diesen Beziehungen so abging. Es gibt namensmäßig andere Bespiele dazu: Nina Hagen, Madonna, die Beckhams und viele mehr. Vor allem der massive Rosenkrieg um die Kinder, vor allem von Sir Bob, führte in der Folge zu Zerstörung der gesamten Familie, Hutchence erhängte sich im November 1997, Paula starb an einer Überdosis Heroin am 10. Geburtstag von Pixie am 17. September 2000, bei Tochter Peaches war es dann April 2014 soweit. Maßgeblicher Protagonist war Sir Bob. Er selbst gibt sich nach eigenen Angaben jeweils eine Mitschuld an der desaströsen Familiengeschichte und den Todesfällen. Sehr viele Details dazu hat Ingeborg Schober in einem üppigen Kapitel im Buch »Pop-Tragödien: Die spektakulärsten Schicksale von den Beach Boys bis Nirvana« (2004, Ueberreuter) zusammengetragen. Für Tragödien-Fans ein sehr lesenswertes Buch, mit gut recherchierten Kurz-Geschichten mit Schwerpunkt Pop-Acts.

Geldof: The Happy Club (1992)

Geldof: Sex, Age & Death (01)

Anthology 1986-2001 (2005)

Solo mit Band – Schon 1986 knüpft Geldof mit »Deep In The Heart Of Nowhere« (Box, 4-mal Bonus) an die Zeit der Boomtown Rats mit diesem ersten Solo-Werk im Stil der Ratten an. »The Vegetarians Of Love« (1990: Box, 7-mal Bonus) und »The Happy Club« (1992: Box, 3-mal Bonus) hatten dann einen traditionelleren Einschlag, mit mehr akustischen Teilen von Gitarre, Violine, Akkordeon. Mit großen Zeitabstand öffnete sich Geldof mit »Sex, Age & Death« (2001: Box, 9-mal Bonus) mehr zu ethnischer Musik, es klingt gemischt mit modernen Elementen sehr zeitlos. Ebenso »S.A.D. Too (Sex, Age & Death II)« welches fast komplett auch Bestandteil der erwähnten 4CD-Box ist. Jeder der die Einzelalben oder sogar die 4CD-Box »Great Songs Of Indifference The Anthology 1986-2001« (2005, Mercury) irgendwo sieht, sollte sich das Material zulegen.

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Ich habe auch Bob Geldof mit seiner vielköpfigen Band in meiner Heimatstadt Dortmund auf dem Rathausplatz Anfang September 2009 erlebt. Natürlich spielte er auch »I Don’t Like Mondays«, aber auch ein Potpourri von Liedern der Rats und vieles aus seiner langen Solo-Karriere. Ein sehr schöner Auftritt mit einer gut eingespielten Band. Beim Wacken Festival im August 2017 kündigen die The Boomtown Rats ein neues Album an. Mit »Citizens Of Boomtown« erscheint aber erst März 2020 das erste Studio-Album der Band seit 35 Jahren. Das einstige Sextett zeigt sich hierdrauf als Vierer-Truppe, entsprechend ohne Klavier, rockiger, moderner und weniger filigran im Klangbild als in den frühen Tagen Ende der 70iger. Eine großartige Karriere des Iren mit viel Licht, aber auch mit Tragödien viel Dunkelheit und Schatten.

Alles Gute zu deinem heutigen 70igsten Geburtstag und viel Gesundheit Sir Bob sowie eine gute Führung und Fürsorge für deine Familie !!

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