The Prisoners

Ist es sinnvoll wenn sich eine Band infolge geschäftlicher Turbulenzen auflöst, kaum hat sie den höchsten Gipfel der Kreativität erklommen? Nein, definitiv nein, zurück bleibt nach einer solchen Aktion meist ein Tränenmeer, bestimmt auch eine gewisse Wut und das beklemmende Gefühl versagt zu haben. Nun, im hier vorliegenden Fall von The Prisoners ist wohl auch die Pleite der Plattenfirma Stiff dran schuld…

Anyway, In From The Cold, anno 1986 das letzte Album der britischen Modrocker The Prisoners , ist ein unglaublich gefährliches Monster welches einen beinahe erschlägt mit all seinen um sich schlagenden Fangarmen! Das ist von den späteren Sixties beeinflusster Retrorock in Perfektion, garantiert 100% Hörgenuss und glänzt mit furiosen Tracks die bestimmt auch Steve Marriott neidisch auf die Garage-Rocker aus Rochester schielen liessen. Mastermind Graham Day hatte hier seinen kreativen Höhepunkt erreicht, die hervorragenden Songs kullern allesamt wie funkelnde Perlen aus dieser Scheibe. James Taylors Orgel brüllt und faucht, Graham prügelt das letzte aus seiner Gitarre heraus, das ganze Oeuvre untermalt von Allan Crockfords pumpendem Bass und Johnny Symons überzeugender Drumwork. In allen Belangen eine überwältigende Platte, ein unbedingtes „must hear“ möchte ich mal behaupten!

Dabei hatte alles so gut angefangen als die 1980 gegründete Band (die sich manchmal bei Live-Auftritten in Raumschiff-Enterprise-Outfits zwängte) nach ihrem ersten, aus eigener Tasche finanzierten Longplayer A Taste Of Pink! beim Label Big Beat landete und dort 1983 den neopsychedelischen LP-Klassiker The Wisermiserdemelza und die gelungene EP Melanie (findet man als Bonus auf dem CD-Reissue von Wisermiserdemelza) veröffentlichte. Anheizerjobs für die Ramones und die Barracudas, John Peel zählte sich zu ihrer Fangemeinde, aber über Insiderstatus hinaus schafften es The Prisoners trotzdem nicht. Das Album The Last Fourfathers (1985) produzierte Graham Day in Eigenregie, es erschien wieder auf dem bandeigenen Label Own Up, im selben Jahr gab es ausserdem auch noch eine gemeinsame Split-Live-LP mit The Milkshakes. Das oben erwähnte, furiose In From The Cold (1986) wurde beim Stiff-Sublabel Countdown platziert, aber bereits sechs Wochen nach Erscheinen ging die Firma bankrott. The Prisoners schmissen den Bettel frustriert hin und lösten ihr gemeinsames Unternehmen desillusioniert auf.

Allerdings nicht für lange: Graham Day formierte mit dem Prisoners-Bassisten Allan Crockford seine Nachfolgeorganisation The Solarflares, der unscheinbare Keyboarder Jamie Taylor wurde mit seinem James Taylor Quartet zum Star der Acid-Jazz-Szene und sollte seinen ehemaligen Bandleader punkto Erfolg bei weitem überflügeln.

Ace Records hat sich gekonnt um den Nachlass der Prisoners gekümmert und bis auf die Aufnahmen mit den Milkshakes von der Live-LP The Last Night At The Mic (bei Empire, eventuell konnten da die Rechte nicht gesichert werden), so ca. alles, inklusive Singles, Demos und unveröffentlichtem Material erneut zugänglich gemacht, wobei der Lumpensammler Rare And Unissued natürlich stilistisch nicht so geschlossen wirkt wie die Studioalben, eher ein Fall für fortgeschrittene Prisoners-Fans (wie mich) ist. Hurricane: The Best Of kann man hingegen als günstigen Einstieg ins Prisoners-Universum betrachten…

LONG LIVE ROCK!
mellow

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