Bram Tchaikovsky

Kurz nach dem Punkding explodierte damals die Szene, mein Kumpel der ebenfalls Gefallen an all diesen neuen Bands gefunden hatte, schleppte andauernd entsprechende Tonträger an. LP’s, Singles, wir waren nicht wählerisch, Hauptsache es war irgendwie New Wave, wir waren dauernd auf der Jagd nach der ultimativen Ohrgranate.

An Strange Man, Changed Man (1979) von Bram Tchaikovsky kann ich mich gut erinnern, die Band um den ehemaligen Gitarristen der Motors (zu Beginn mochte ich die Motors, ab Album No. 2 nicht mehr weil zu wenig hart und zuviel Keyboard-Kitsch) kam ausgezeichnet an. Da gab es zwar Tracks die ich eindeutig in die Ecke von Status Quo definierte (Quo waren Ende Siebziger etwas „uncool“ geworden, auch wenn ich denen nie abschwor), aber die Power mit der Bram Tchaikovsky ihr Ding vortrugen machte das alles wieder wett, Boogie-Diskussion hin oder her, Bram Tchaikovsky hatten mit ihrer Debut-LP eine hervorragende, elektrisierende Powerpop-Scheibe hingezaubert.




Der britische Sänger und Gitarrist Peter Bramall hatte sich bereits bei den Motors das Alias Bram Tchaikovsky zugelegt und sorgte damit bei seinem neuen Bandprojekt für einige Verwirrung: War das nun ein Solo-Künstler oder eine richtige Band? Wenn man sich Strange Man, Changed Man anhört oder alte Videos anschaut wird man allerdings unweigerlich zum Schluss kommen, dass Bram Tchaikovsky ein gut geöltes Kollektiv waren. Gradlinig, kräftig, energiegeladen und mit extrem scharfen Gitarrensounds und drahtigem Bass ausgestattet, treibende Drums, die Songs melodiös und losgelöst vom Macho-Gehabe der Hardrocker in den Seventies. Irgendwie anders eben, frisch, auch heute noch, obwohl die Truppe im Grunde nur eine Neuinterpretation des sogenannten Pubrock, gängigem Boogie-Rock und Rock’n’Roll mit aktuellen Elementen waren. Wie gesagt, Jahrzehnte später kann ich das einfacher einordnen und die rüde Coverversion „I’m A Believer“ oder der Boogiehammer „Turn On The Light“ lassen mich auch nicht mehr an eine billige Quo-Kopie denken, nein, genauso hätte man sich Ende Seventies besagte 3-Griffe-Truppe gewünscht.


Der zweite Longplayer The Russians Are Coming von 1980 – die US-Version des Albums hiess Pressure, der englische Albumtitel ging für den Amimarkt gar nicht – schrammte damals an mir vorbei, aber auch hier gibt es noch ein paar Perlen zu entdecken. Funland (1981) begeistert meine Lauscher weniger, die Platte wirkt auf mich zerzaust, angestrengt, meilenweit weg von der ursprünglichen rohen Power, sie setzte eh den Schlusspunkt unter Bram Tchaikovsky. Das Label Radar Records geriet mit der Zeit zwischen die Mühlsteine der grösseren Vertriebspartner Polydor, Warner Bros. und WEA, vor allem die amerikanischen Konzerne wussten mit Bram Tchaikovsky nichts anzufangen. Der Bandleader verabschiedete sich schlussendlich auch infolge „mangelndem Erfolg“ aus der Szene, ein Comeback gab es nie, den Leader von Bram Tchaikovsky trifft man höchstens mal an einem Bluesjam im Pub um die Ecke.

 

Wer nun Appetit auf Bram Tchaikovsky und die entsprechenden Tonträger bekommen haben sollte, der kriegt bei Cherry Red Records mit der 3-CD-Clamshell-Box The Complete Recordings 1978 – 1981 von 2018 eine Vollbedienung, sprich die Originalalben plus Bonusmaterial, inklusive der ersten Single „Sarah Smiles“ die 1978 bei Criminal Records erschien.

Als mir kürzlich an einer Tonträgerbörse die 7″ “Girl Of My Dreams / Come Back” von 1979 in die Hände fiel war die Freude natürlich riesig und der Händler wunderte sich, dass ausser ihm auch noch ein anderer Freak die Band kannte. Anyway, die Single steckt jetzt in meiner Jukebox und kann auf den Positionen 112 / 212 abgerufen werden.

LONG LIVE POWERPOP!
mellow

 

Bram Tchaikovsky (1979):
Bram Tchaikovsky – Guitar, Vocals
Mick Broadbent – Bass, Guitar, Vocals
Keith Boyce – Drums (Ex Heavy Metal Kids)

Bram Tchaikovsky (1980):
Bram Tchaikovsky – Guitar, Vocals
Mick Broadbent – Bass, Guitar, Vocals
Denis Forbes – Guitar, Bass
Keith Line – Drums

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