The Peddlers

Rock und Klassik?
Klar, kein Problem, Deep Purple und ELP machten das vor.
Blues und Klassik?
Siegel-Schwall, auch eine solche Fusion war also möglich.
Easy, Listening, Jazz, Klassik, Blues und Rock?
Ey… manno… geh mir bloss weg mit dem ganzen Müll, mit den Schnauzern, langen Koteletten, den gigantischen und bunten Hemdkragen und James Last und schrillen Blumentapeten und vollsynthetischen Teppichböden und so…

Aha.

Die Kombination Easy Listening, Jazz, Klassik, Blues und Rock haut also nicht hin.

Oder etwa doch?

Hmmmh… wenn ich mir das Album London Suite das The Peddlers in Zusammenarbeit mit dem London Philharmonic Orchestra einspielten so anhöre, dann komme ich zu einem ganz anderen Schluss: Es funktioniert…

Auf der einen Seite The Peddlers, sprich der Hammond-Organist, Sänger und Komponist Roy Philips mit seinen versierten Begleitern Tab Martin (Bass) und dem Drummer Trevor Morais, auf der anderen Seite das von Peter Robinson angeführte Orchester. Ein Konkurrenzkampf fand keiner statt, denn The Peddlers liessen erst gar nicht von ihren cool groovenden Vibes ab, die Philharmoniker wurden trotzdem nicht bloss als Hintergrundgeräuschkulisse missbraucht, immer wieder erhielten auch die Klassiker ihre Freiräume. Im Brennpunkt des Geschehens stand natürlich ganz klar die Briten-Truppe mit ihrem stimmgewaltigen Bandleader die auf dieser Suite einmal mehr klarstellte, dass sie eigentlich nicht nur zur Hotelbar- und Fahrstuhlbeschallung taugte.

Beim aus Manchester stammenden Trio das beharrlich aber auch unauffällig seinen Weg ging, war viel mehr Potential vorhanden als man hinter dem Namen vermuten würde. Ihre ersten Singles die ab 1964 bei Phillips erschienen verdampften vorerst einmal und hinterliessen demnach keine grossen Spuren, obwohl ich ihnen von Anfang an das Prädikat „ausserst attraktive Musik“ verleihen möchte, das änderte sich erst als The Peddlers bei CBS landen konnten. Nach dem Labelwechsel erkannte man übrigens bei Phillips den Fehler, 1967 warfen sie den Peddlers noch den furiosen Longplayer Live at the Pickwick! hinterher, eine begnadete Clubshow in unglaublicher Atmosphäre inkl. den Ansagen des Clubmanagers, so bedankt er sich in der Mitte der Show für das „Wenden der Platte“… eine unbezahlbare Momentaufnahme aus dem Swinging London der 1960er-Jahre!

The Peddlers blieben aber auch bei CBS konsequent in der zweiten Reihe stecken, egal welche hochkaratige Musik sie auf ihren LP‘s und den unzähligen Singles veröffentlichten, sie waren halt nicht so cool wie die jungen Bands mit ihren langhaarigen Schreihälsen hinter’m Mikro. Wer sich von der Güte ihrer Darbietung selbst überzeugen möchte, der sehe sich mal ihren Live-Auftritt bei Roger Whittaker’s TV-Show World Of Music an. Wären die Wände des Studios mit Tapeten dekoriert gewesen, die hätten bei dieser brandheissen Darbietung von Bernstein/David‘s „Walk On The Wild Side“ wohl Feuer gefangen oder sich im Takt zur Musik rauf und runter gerollt.

Mein unumstösslicher Favorit im Repertoire der Peddlers ist „Comin Home Baby“ mit dem umwerfenden One-Man-Scat-Vocal-Orgel-Duell von Roy Philips. Allerdings ist das nur ein Glanzlicht unter vielen, bei den Peddlers gibt es schlicht keine Ausfälle, da ist die die hinterste und letzte Note noch hochkarätig.

1972 verliess Schlagzeuger Trevor Morais die Peddlers, er machte fortan vor allem Studiojobs, unter anderem für Bryan Ferry, David Essex, Elkie Brooks, Björk. 1976/77 gehörte der exquisite Drummer der Fusion-Band Quantum Jump an, bis 2008 betrieb er ein Tonstudio im spanischen Malaga. Mittlerweile scheint er sich zur Ruhe gesetzt zu haben.

Mit seinem Nachfolger Paul Johnston machten die Peddlers bis ca. 1976 weiter, dann verabschiedete sich der Bandleader Roy Philips nach Neuseeland wo er heute noch lebt und manchmal mit neuen Peddlers-Formationen in Erscheinung tritt. Über den Verbleib des Bassisten Tab Martin ist mir nichts bekannt, nach dem Aus der Peddlers verliert sich seine Spur.

LONG LIVE COOL MUSIC!
mellow

LP-Discography:
Freewheelers (1967)
Live At The Pickwick! (1967)
Three In A Cell (1968)
Birthday (1969)
Three For All (1970)
The Peddlers And The London Philharmonic Orchestra – Suite London (1972)
The Peddlers On Tour (1972)
Live In London (1974)
Live In Amsterdam (1979)

Es existieren diverse Peddlers-Compilations (Vinyl), sie sind alle ausnahmslos empfehlenswert,
am einfachsten zu beschaffen ist wohl die Peddlers-DoCD mit den CBS-Aufnahmen:
How Cool Is Cool – The Complete CBS Recordings (DoCD, Columbia, 2002)

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