Dave Greenslade, Jon Hiseman und Tony Reeves kannten sich aus ihrer gemeinsamer Schulzeit. Sie spielten bereits 1960 zusammen in einem Jugendclub im Etham-District in London. Nach dem Schulabschluss versuchten sie es gemeinsam im Musikgeschäft bei den Wes Minster Five. Dieser Wes Minster, bürgerlich Brian Smith, versammelte noch andere Berühmtheiten um sich, Paul Williams und Zoot Money starteten hier ihre Karrieren. Nach den Wes Minster Five blieben die drei Schulfreunde zusammen.
Es folgten das Mike Taylor Quartet und das Peter Lemer Quintet mit John Surman. John Surman kennt man u.a. von der Blues Incorperated des Alexis Korner. Von hier an trennten sich vorerst die Wege der drei Schulfreunde.
Tony Reeves arbeitete als Produzent und veröffentlichte den Hit “Cast Your Fate To The Wind” vom Sounds Orchestral. Der Song war im Dezember 1964 Nummer die 5 in GB und die Nummer 7 in den US Charts.
Dave Greenslade ging mit einer R&B Band auf Tour durch Frankreich, begleitete anschließend Chris Farlowe und Geno Washington mit der Ram Jam Band.
Jon Hiseman stieg bei der Graham Bond Organisation ein. Er löste hier Ginger Baker am Schlagzeug ab. Ebenfalls bei Graham Bond beschäftigt war Dick Heckstall-Smith. Von Graham Bond aus wechselten Dick Heckstall-Smith und Jon Hiseman zu John Mayall. Bei den Aufnahmen zu “Bare Wires” trafen sie wieder auf Tony Reeves.
Jon Hiseman und Dick Heckstall-Smith beschlossen sich selbständig zu machen. Unter der Federführung von Jon Hiseman wurde 1969 Colosseum gegründet. Neben Tony Reeves wurden noch zwei alte Bekannte von Jon Hiseman angeheuert und zwar Dave Greenslade und James Litherland. Colosseum sollte ein Versuch werden, die verschiedenen Element von Rock, Jazz und Blues zu vereinen. Das erste Album „Those Who Are About To Die Salute You“, mit Anspielung auf die römischen Gladiatoren im Colosseum, war bei den Kritikern ein Erfolg. Eine derartige Verbindung von Rock, Jazz und Blues gab es bis dahin noch selten. Chicago, Blood Sweat & Tears oder die Keef Hartley Band versuchten zwar etwas ähnliches, aber für mich blieb Colosseum dennoch einzigartig.
Die folgende “Valentyne Suite” war ein Meisterwerk und bis heute nicht erreicht. Jon Hiseman schrieb auf das Cover:
These sleeve notes were completed just as Neil Armstrong took “one small step for man, but a giant leap for mankind”.
Jon Hiseman 21.07.1969
Die Band wurde durch Dave Gelly (sax.), Jim Phillip (sax.) und der Ehefrau von Jon Hiseman Barbara Thompson (horn) verstärkt. Nach den Aufnahmen der „Valentyne Suite“ verließen Tony Reeves und James Litherland Colosseum. Es kamen Clem Clempson (guit.) von Bakerloo, Mark Clarke (bass) von einer Bands namens Pops sowie Chris Farlowe (voc.).
Auf einigen der Tracks von “Daughter Of Time” war noch Louis Cinnamon, der Bassist von Jody Grind, Steamhammer, Armageddon oder Renaissance, bevor Mark Clarke endgültig einstieg. Verstärkt wurde Colosseum auf “Daughter Of Time” von Barbara Thompson (sax., flute, voc.), Harry Backett (tpt.) sowie Derek Wedworth (trombone). Bei dem Album stand die Stimme von Chris Farlowe häufig im Vordergrund.
Chris Farlowe wurde allerdings nur deswegen aufgenommen, weil Dave „Clem“ Clempson es strikt ablehnte zu singen. Es war eine weise Entscheidung. Wer “Bakerloo” kennt, der bekommt eine Ahnung von Clem Clempsons Sangeskünsten. Der Jack Bruce Titel “Theme From An Imaginary Western” gehört für mich zu einem der schönsten Rocksongs. Jon Hiseman nahm diesen Titel erstmals mit Jack Bruce auf dessen Album “Songs For A Tailor” auf. Hier spielte John Mc Laughlin die Gitarre. Alles alte Bekannte aus ihren Zeiten bei Alexis Korner und Graham Bond.
Was danach folgte, war für mich bis heute eines der besten Live Alben, “Colosseum Live!“. Man kann hier traditionellen Blues, wie dem “Stormy Monday Blues“, hören, den Graham Bond Hit “Walkin‘ In The Park“, den Jack Bruce – Pete Brown Titel “Rope Ladder To The Moon” und die eigenwilligen Kompositionen “Skelington“, “Lost Angeles” und “Tanglewood ’63“. Bei den Songs spornten sich Chris Farlowe und Clem Clempson zu gewaltigen Leistungen an. Chris Farlowe perfektionierte den Skatgesang und Clem Clempson holte aus einer Gitarre alles heraus was möglich ist. Das im März 1971 aufgenommene Konzert in der Universiät in Manchester war der Höhepunkt und das vorläufige Ende von Colosseum.
Steve Marriott von Humble Pie suchte für den ausgestiegenen Peter Frampton einen Ersatz. Clem Clempson war die erste Wahl. Jon Hiseman nahm die Gelegenheit war und löste Colosseum daraufhin auf. In einem Interview (zu hören auf der Reunion DVD) erklärte er: David Clempson war derart wichtig für Colosseum, dass er keine musikalische Zukunft und Steigerungsmöglichkeiten mehr sah. Eine Alternative zu Clem Clempson hätte es nicht gegeben. Hier stimme ich Jon Hiseman ohne Abstriche zu!
Merkwürdig war allerdings die Aussage von Clem Clempson in einem anderen Interview, das er Jahre später für das Good Times Magazin gab. Hier meint er, es war der Presse bereits durch Jon Hiseman bekannt gegeben worden, dass er bei Humble Pie eingestiegen sei. Das Merkwürdige war, Clem Clempson und Steve Marriott hatten zum Zeitpunkt der Pressemitteilung noch nicht miteinander gesprochen. Die Verhandlungen fanden erst später statt. Jon Hiseman war entweder ein Hellseher, oder aber, er war der eigentliche Initiator des Wechsels.
Die restlichen Mitglieder suchten sich andere Bands und verzeichneten unterschiedliche Erfolge. Jon Hiseman und Mark Clarke gründeten die hervorragende, aber leider erfolglose Band Tempest.
Dave Greenslade wollte keinen auf der Bühne herum springenden Gitarristen mehr sehen und gründete die Keyboardband Greenslade mit seinem alten Kumpel Tony Reeves.
Chris Farlowe wechselte zu Atomic Rooster und wurde hier überhaupt nicht glücklich.
Dick Heckstall-Smith schließlich startete eine Solo Karriere.
Mehr als zwanzig Jahren später hatte Jon Hiseman eine Eingebung. Wie würde eine Runion der alten Colosseum Formation klingen? Seine Unternehmungen mit dem United Jazz und Rock Ensemble und der Colosseum II mit Gary Moore verliefen mehr oder weniger erfolgreich, aber es kam nichts an das Experiment Colosseum heran. 1994 trommelte er seine alten Mitspieler zusammen. Als hätte es die zwanzig Jahre Trennung nicht gegeben, so klappte auf Anhieb das Zusammenspiel. Im Studio wurde „Bread And Circuses“ eingespielt und eine Tour geplant. Die größten Erfolge hatte Colosseum immer in Deutschland. Das Konzert im E-Werk in Köln wurde vom Rockpalast aufgezeichnet und im Fernsehen ausgestrahlt. Heute gibt es das Konzert auf DVD im Handel. Die Reunion Tour 1994 war ein voller Erfolg.
Es folgten in unregelmäßigen Abständen diverse Auftritte bei Festivals, unter anderem 2001 in Worms. Allerdings ohne Mark Clarke, der sich in dieser Zeit bei den Monkees verdingte. 2003 wurde wieder ein Album aufgenommen, der „Tomorrow’s Blues“. Was folgte waren Touren in den Jahren 2003 und 2004.
Leider war der Gesundheitszustand von Dick Heckstall-Smith nicht besonders gut und er konnte an beiden Touren nicht teilnehmen. Vertreten wurde Dick Heckstall-Smith von Barbara Thompson. Barbara Thompson machte ihre Sache hervorragend! In der Nacht vom 17. auf den 18.12.2004 verstarb Dick Heckstall-Smith alias Richard Malden nach langer Krankheit an Krebs.
Hier endet der alte Beitrag im Rockzirkus. Was später geschah in einer Kurzfassung.
Barbara Thompson blieb ständiges Mitglied von Colosseum. Es wurden zahlreiche Mitschnitte von unterschiedlichen Konzerten veröffentlicht und 2014 das Album „Time On Our Side“. Jon Hiseman starb am 12. Juni 2018 und Barbara Thompson am 9. Juni 2022.
Ohne Jon Hiseman, Barbara Thompson und Dave Greenslade, der gesundheitlich angeschlagen soll, gab es 2022 ein weiteres Album unter dem Namen von Colosseum. Das Album nennt sich „Restoration“. Von der alten Colosseum waren noch Clem Clempson, Chris Farlowe und Mark Clarke dabei. Ich muss gestehen, ich kenne das Album nicht und werde es mir wahrscheinlich auch nicht anschaffen. Ich bin dennoch sicher, es ist ein gutes Album. Nicht zu vergessen, seit der Reunion besteht eine enge Zusammenarbeit mit Gert Lange von Handmade Concerts. Gert Lange ist Leiter der Hamburg Blues Band und hier traf man auf einige Mitglieder von Colosseum als Gast bei Studioaufnahmen oder Konzerten.
Die Band über die Jahre:
Jon Hiseman: drums
Dick Heckstall-Smith: sax.
Dave Greenslade: keyb.
Tony Reeves: bass
Jim Roche: guit.
James Litherland: guit, voc.
Mark Clarke: bass
Clem Clempson: guit.
Chris Farlowe: voc.
Colosseum – Those Who Are About To Die Salute You (1969)
Walking In The Park Plenty Hard Luck Mandarin Debut Beware The Ides Of March The Road She Walked Before Backwater Blues Those About To Die |
Colosseum – Valentyne Suite (1969)
The Kettle Elegy Butty’s Blues The Machine Demands A Sacrifice The Valentyne Suite: January’s Search February’s Valentyne The Grass Is Always Greener |
Colosseum – Daughter Of Time (1970)
Three Score & Ten Amen Time Lament Take Me Back To Doomsday Daughter Of Time Theme From An Imaginary Western Bring Out The Dead Downhill & Shadows The Time Machine |
Colosseum – Colosseum Live (1971)
Rope Ladder To The Moon Skelington Encore…Stormy Monday Walkin’ In The Park Tenglewood ’63 Lost Angeles I Can’t Live Without You |
Colosseum – Reunion Concert (1994)
Those About To Die … The Valentyne Suite The Machine Demands Another Sacrifice Lost Angeles Elegy Theme From An Imaginary Western Solo Colonia Stormy Monday Blues |
Colosseum – Bread And Circuses (1994)
Watching Your Every Move Whereever I Go, Big Deal No Pleasin Storms Behind The Breeze Bread & Circuses High Time The Playground I Could Tell You Tales The One That Got Away The Other Side Of Th e Sky |
Colosseum – Tomorrow’s Blues (2003)
Tomorrow´s Blues Take the Dark Times with the Sun Come Right Back Thief in the Night In the Heat of the Night The Net Man Hard Times Rising Leisure Complex Blues Arena in the Sun No Demons |
Colosseum – The Complete Reunion Concert
Those About To Die; Skelington Elegy Tanglewood ’63 January’s Search February’s Valentyne The Grass Is Always Greener Rope Ladder To The Moon Theme From An Imaginary Western The Machine Demands Another Sacrifice Solo Colonia Lost Angeles Stormy Monday Blues Walking In The Park |
Colosseum – Live 05
Showtime Come Back Right Theme For An Imaginary Western Lights, Rope Ladder To The Moon The Valentyne Suite: January’s Search February’s Valentyne The Grass Is Always Greener Those About To Die Stormy Monday Blues No Pleasin’ Tomorrows Blues Drum Intro to LA Lost Angeles |
Colosseum – Time On Our Side (2014)
Safe As Houses Blues To Music The Way You Waved Goodbye Dick’s Licks City Of Love Nowhere To Be Found You Just Don’t Get It New Day Anno Domini Morning Story |
Colosseum – Restoration (2022)
First In Line Hesitation Need Somebody Tonight A Cowboy’s Song Innocence If Only Dreams Were Like This I’ll Show You Mine Home By Dawn Story Of The Blues |