10cc – Deceptive Bends (1977)

Nach der grossartigen LP HOW DARE YOU? (1976, nach der “I’m Not In Love”-Single mein erstes 10cc-Album) kam es bei 10cc trotz Millionenvertrag mit dem Multi Mercury zum Bruch der beiden involvierten Gespanne Stewart/Gouldman und Godley/Creme. Man kann da wohl von künstlerischen Streitigkeiten ausgehen die für die Trennung massgeblich waren. Kevin Godley und Lol Creme gingen solo, um den Erhalt des Markenzeichens 10cc kümmerten sich künftig Gitarrist/Sänger Eric Stewart und Bassist Graham Gouldman (Schöpfer der Sixties-Hits “For Your Love”, “Bus Stop” und “No Milk Today”) alleine. Allein eigentlich nicht, nach HOW DARE YOU? holten sie sich Keyboarder Tony O’Malley, Gitarrist Rick Fenn und Drummer Stuart Tosh (Pilot, Alan Parsons Project) um auch live auftreten zu können. Für ca. die Hälfte der 10cc-Verehrer war der Ofen allerdings schon nach dem Godley/Creme-Abgang aus.

  

Nun, DECEPTIVE BENDS überzeugte mich trotzdem, wesentlich mehr als die verunglückte und anstrengende Gizmo-Geschichte der beiden Ex-Partner Godley & Creme. DECEPTIVE BENDS ist POP pur, auf den Punkt gebracht. Schwelgerisch, schwärmerisch, manchmal leicht übertrieben, manchmal extrem tanzbar, aber auch elektrifizierend, zwischen den Stilen pendelnd, DECEPTIVE BENDS ist aber vor allem mit diversen “magic moments” garniert. Die beiden fein verarbeiteten Schmuckschatullen “Good Morning Judge” und “The Things We Do For Love” gehören zu meinen 10cc‘schen All-Time-Faves und bei den elfeinhalb Minuten von “Feel The Benefit” halte ich es jeweils fast nicht mehr aus bis dann endlich dieses finalfuriose Gitarrenfeuerwerk hochgeht.

Insgesamt eine Scheibe die auch nach zig Anhörungen immer wieder frisch auf mich einwirkt.
1977, das war die Epoche als Punk mit Pomp kollidierte, auf eine dermassen gelungene Platte wie DECEPTIVE BENDS mochte ich trotz meiner Sympathien für viele der jungen Wilden aber schon damals nicht verzichten. Da ging es mir wie 10cc, am besten man wählt den Mittelweg und kann so mal in diese mal in jene Richtung ausscheren. Danach verlor ich jedoch das Interesse an 10cc, mit HOW DARE YOU? und DECEPTIVE BENDS hatten sie mir nichtsdestotrotz zwei Klassiker ins Nest gelegt.

LONG LIVE POP MUSIC!
mellow

 

  
    

10cc – DECEPTIVE BENDS (Mercury, 1977)

  1. Good Morning Judge
  2. The Things We Do For Love
  3. Marriage Bureau Rendezvous
  4. People In Love
  5. Modern Man Blues
  6. Honeymoon With B Troop
  7. I Bought A Flat Guitar Tutor
  8. You’ve Got A Cold
  9. Feel The Benefit (Parts 1, 2, and 3)
  10. Hot To Trot *
  11. Don’t Squeeze Me Like Toothpaste*
  12. I’m So Laid Back I’m Laid Out*

    * = CD-Bonustracks

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5 Kommentare

  1. Danke für den Hinweis.

    Machte HIPGNOSIS nicht auch das Cover der zweiten XTC LP? Ich bewunderte deren (sagen wir mal künstlerischen) Cover früher sehr – heute sehe ich das ganz anders. GO 2 ist ein gutes Beispiel: eine Nummer zu gewollt.

    Das beste an der Platte fand ich die Remixes (oder Dubs) – aber auch hier ist meine Begeisterung von damals deutlich abgekühlt. Das machten andere schon besser.

    Auch wenn das jetzt etwas negativ rüberkam – XTC mag ich sehr gern.

  2. Vermutlich Zufall das mit den Helmtaucheranzügen, Andy Partridge hat jedenfalls nie erwähnt, dass es eine auf Deceptive Bends gemünzte Persiflage sein sollte. Bei 10cc war Hipgnosis für das Design zuständig, bei XTC machte das im Auftrag von Virgin ein gewisser Ken White. Ausserdem scheint die Bildabfolge (mit der geretteten oder ertrunkenen Schönheit?) bei 10cc eine nebulöse Story zu suggerieren, XTC stehen/sitzen hingegen in klassischer Fotostudio-Manier vor einer Seefahrer-Tapete und schauen relativ statisch wie auf antiken Fotografien in die Linse.

    mellow

  3. …das fällt mir jetzt erst auf: wurde das Cover einige Jahre später von XTC mit ihrem Album BLACK SEA ‘verarscht’? Ironie trifft Satire trifft Persiflage, u.s.w.

    XTC wäre übrigens auch mal ein hervorragendes Thema für den Rockzirkus…

    Gruß – Ronald;-)

  4. I’M NOT IN LOVE war (wie ich mal gelesen habe) als Satire (oder wie sagt man bei Musik?!) gedacht – aber es war einfach zu gut gemacht und entwickelte ein Eigenleben. Für mich auf jeden Fall ein Jahrundertsong – egal ob nun ernst gemeint oder (wahrscheinlich) nicht. Danke für den Hinweis mit Wroblewsky – kannte ich nicht und ist tatsächlich ganz witzig. Den Bossa-Nova Scheiss kriegten aber z.B. NOUVELLE VAGUE besser hin – höre dir mal ihre Version von A FOREST von THE CURE an – da wird dir plötzlich klar dass der Song eigentlich schon immer Bossa Nova war. Gruß & Dank – Ronald;-)

  5. Das nennt man – glaub ich – Zielgruppenverwirrung. Nach “I’m not in love” wollte man eigentlich mehr, LPs kannt’ ich keine, gelobt wurden die samt aller Abspaltungen immer – aber es kam plötzlich so ganz anderer Kram “dreadlock holiday”, “good mornin’ judge”… irgendwie alles Plunder. Nach der Wende ein bissel LPs der Frühphase gecheckt. Aber vielleicht war ich dann schon zu alt. Da war nüschd dabei. Trost kam nur in dieser Form: Das “I’m Not In Love”-Cover von Pascal Von Wroblewsky ist ja auch nicht schlecht. “70s songbook” heißt die CD.

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