Groovige Gitarre trifft auf die passende Rock-Röhre
Man sagt ja, guter Käse oder edler Wein muss etwas reifen, Whiskey braucht gar Jahrzehnte Reifeprozess. Nicht so beim 78-jährigen Robin Trower der über seine gesamte Karriere immer schon ein besonnener, introvertierter, gut gereifter Saitenkünstler war. Seine gefühlsbetonte Gitarrenarbeit war immer schon eine Einladung für talentierte Vokal-Akrobaten, auch schon zu Zeiten von Procol Harum. Diesmal ist es die rauchige, kräftige Stimme der New Yorkerin Sari Schorr. Ich hatte dieses Jahr das große Privileg mehrmals solch kraftstrotzende Damen mit mächtiger, männlicher Gitarrenunterstützung ERLEBEN zu dürfen, US-Dame Kellie Rucker & Richie Arndt, die Würzburgerin Carola Thieme & Jochen Volpert, die Schwedin Virginia & Skybenders und die Australierin Jessie Gordon & Ginger Blues, um hier nur einige zu nennen. Wenn man diese fünf großartigen Kollektive vergleicht, werdet ihr keine Unterschiede in der Qualität feststellen, auch wenn einige Namen noch nicht so bekannt sind. Es gibt mehrere große Momente in Trowers üppiger über 50-jährigen Diskografie, die sind für fast jeden Rock- und Blues-Liebhaber zum Pflichtprogramm geworden. Und das aktuelle Album »Joyful Sky« ist in Gänze ein hörenswertes Rhythm & Blues Werk, das durch die Stärken, besonders der beider Haupt-Akteure, einen durchgängigen Hörgenuss garantiert. Hier sind über die circa 45 Minuten keine Ausreißer, weder nach oben noch weniger nach unten, durchgängig Musik weit über dem Durchschnitt. Schon die ersten beiden Titel »Burn«, der handelt von dem Versuch seinen Partner zu beruhigen, sowie »I’ll Be Moving On« ziehen einen sofort hinein in eine bluesige Reise über insgesamt zehn starke Kompositionen. Das einzige Instrumentalstück ist das 7-minütige »The Circle Is Complete«. Der Rest wird von der Klangfarbe der 5-Oktaven-Stimme von Sari geprägt, die zu Robin‘s rauhen Gitarrenspiel beängstigend gut passt wie die Faust auf das sprichwörtliche Auge.
Über die mehr als sechs Jahrzehnte lange Karriere von Robin Trower, geboren kurz vor dem Ende des zweiten Weltkriegs, könnte man mehr als ein Buch schreiben. Wenn man an die musikalischen Ursprünge des britischen Gitarristen zurückgeht, findet man Ende der 50er The Coasters, später Umbenennung in The Paramounts, die sogar im Pub von Robin’s Vater auftraten. Aus dieser vierköpfigen R&B-Band formierte sich 1967 Procol Harum, die der meisterliche Gitarrist aber 1971 verließ und sehr erfolgreich seinen eigenen Weg als Solist bis heute geht. Er verließ einen sicheren Hafen, um nach neuen interessanten Fanggebieten im Rock zu suchen. Er fand sie immer wieder, spielte mit den Stars weltweit zusammen ohne sich in der Musik-Maschinerie verschleißen zu lassen. Er hatte Hit-Alben am Fließband, besuchte die größten Spielstätten weltweit, sammelte Preise wie andere Münzen, Briefmarken oder Gitarren. Seine Spiellaune ist immer noch ungebrochen und seine Reputation in der Szene ist makellos. Er steht in der Rangliste der Allzeit-Gitarren-Virtuosen ganz weit oben, weil er leidenschaftlicher Suchender und Teamspieler geblieben ist. Er kehrt nun mit »Joyful Sky« zu seinen Blues-Wurzeln zurück, und in einer Form, das einem seine Spielkunst durch Mark und Bein fährt. Und mit der wilden immer noch ungezähmten Sari Beth Schorr, mit Beth Hart hat sie nicht nur den gemeinsamen Vornamen, hat er trotz des enormen Altersunterschieds eine echte Seelenverwandte gefunden. Und das ist der Blues und die Stärke dieses schönen Albums. Ohne Haken und Ösen, purer Blues wie er mich nun das ganze 2023 begleitet hat.
Aber auch Sari Beth Schorr hat schon beeindruckende vier Alben vorzuweisen, arbeitete mit großen Namen der Blues-Szene zusammen und tourt auch regelmäßig quer durch Europa. Das sie dabei immer versierte Begleiter hat ist selbstverständlich. Mit einem, dem Multi-Instrumentalisten Adrian Gautrey, hatte ich 2022 zufällig nach einem Atomic Rooster Auftritt in Italien ein nettes Beisammensein. Mit »I Will Always Be Your Shelter«, letzter Titel von Robin’s letztjährigen Studio-Album »No More Worlds To Conquer«, begann die gemeinsame Reise von Sari & Robin. Als Robin diese für Sari neu arrangierte Version hörte, ein ganz besonderer Song für den britischen Blues-Man wie er selbst sagt, war die Zusammenarbeit besiegelt. Sari über Robin: „Man sollte das Wort Genie nicht leichtfertig benutzen, aber ich glaube, er ist ein Genie. Die Art und Weise, wie er Musik fühlt und hört, ist so akkurat, als hätte er übermenschliche Kräfte. Ich hatte so viel Vertrauen in seine Vision.“ Das zeigt sie beispielsweise beim Song »Flatter To Deceive«, wo der sanfte dennoch bissige Architekt des britischen Blues textlich gegen die aktuellen Untiefen und Zustände der Musikkultur wettert und Sari hat den Text sofort verinnerlicht und bezaubernd umsetzt. Eine sehr starke Vorstellung zweier verwandter Blues-Seelen, gegossen in zehn Lieder. Einen Altersunterschied konnte ich nicht feststellen, im Gegenteil empfinde ich diese Zusammenarbeit als Verjüngungskur für den ikonischen Gitarristen. Das Alterswerk »Joyful Sky« ist wie immer auch ein bisschen politisch, aber das ist ja in der Urkraft des Blues und somit in der DNA des Robin Leonard Trower verankert. Ich hoffe, dass Sari & Robin auch an gemeinsame Auftritte gedacht haben, wenn nicht, zumindest an weitere Zusammenarbeit. Ich hatte durch Fügung nun das große Vergnügen über diese außergewöhnliche Zusammenarbeit berichten und dabei auch eine weitere talentierte und beeindruckende Frau vorstellen zu dürfen. Hoffentlich treffe ich sie einmal, um ihr das persönlich zu sagen.
Wer sich weiter für Blues interessiert, folgt der Weiterleitung unten:
Weiterlesen RZ: Back To The Blues Roots – Brit-Barden
Bleibt weiter gesund, Rhythmische Grüsse, Der SchoTTe
Das konnte ich mir denken das unsere Blues-Experten immer wachsam sind, gut so. Ich habe mit dem Mascot Label Kontakt und die sehen Joyful Sky als Solo-Album von Robin Trower. Der Brite hat praktisch alles gemacht: komponiert, produziert, Artwork erstellt, Bass und Gitarre gespielt. Vielleicht gibt es aber auch rechtliche Gründe warum diese Arbeit zweier Gleichberichtigte unter Robin’s Fahnen geflaggt ist. Für mich ist es ein Duo-Album, denn das gesamte Album wird gleichwertig durch Sari und Robin getragen. Klingende Grüsse, Der SchoTTe
Ich komme aus der Sari Schorr-Ecke (seit dem ersten Album) und ich finde sie wirklich grossartig. Die LP steht hier seit ein paar Tagen, bis jetzt noch ungehört. Ich versteh irgendwie nicht wie die Aufteilung der beiden bei dem Album ist. Einerseits wird das als Robin Trower LP/CD vermarktet, andererseits spricht Sari Schorr von ihrem Album. Natürlich gab es jetzt in jedem Vereinsblatt ein Interview entweder mir ihm oder ihr (oder zusammen). Was ich etwas schade finden würde, wenn sich der Blues tatsächlich verabschiedet hat (wie mehrfach zu lesen war) und der Rock das alleinige Szepter schwingt. Obwohl, Frau Schorr das natürlich kann, da habe ich keine Bedenken.