Als im Sommer ’79 das Debutalbum der B-52’s auf unseren Plattentellern landete, da war das für mich und einen meiner Freunde sowas wie ein K.O.-Schlag, und zwar einer von der Sorte “da-stehst-du-nie-mehr-auf-und-erholst-dich-ein-leben-lang-nicht-mehr davon”… The B-52’s machten uns total groggy. Der Sound den die bunte Truppe auf die Menschheit losliess, wirkte auf uns ausserirdisch, abstrakt, nichtsdestotrotz genial. Als sei ein Raumschiff mit lauter verrückten, durchgeknallten Aliens an Bord auf dem Planeten Erde gelandet. Und wer weiss, dass sie aus Athens stammten war vielleicht eine einzige grosse Lüge.
Das grellbunte Cover spiegelt haargenau den Inhalt des Albums: Es ist schrille, schräge, verquere, avantgardistische Popmusik die sich schwerelos zwischen Fifties-Style und 1979 bewegt.
Die mittels Keyboards fabrizierten tiefen Töne, bilden zusammen mit Keith Stricklands tanzenden Drums die Basis für Ricky Wilsons twangende Gitarre und gleichzeitig für Kates abgespacde Kirmesorgel. In diese gewagten Songkonstrukte fügt sich Fred Schneiders rezitativer “Gesang” der sich mit den hysterisch Stimmen der beiden bienenkorbfrisurgekrönten Sängerinnen Kate Pierson und Cindy Wilson duelliert. Allen anderen Tracks voran wurde damals der betörende “Rock Lobster” zum Aushängeschild und zum Markenzeichen der B-52’s. Hinter diesem “Monster” brauchen sich aber glühendheisse Dinger wie “Lava” oder das hypnotisch groovende “There’s A Moon In The Sky (Called The Moon)” absolut nicht zu verstecken. Die SciFi/B-Movies-angehauchten, comicartigen Texte und die treibenden Beats lassen auch bald 40 Jahre später fast keinen Fluchtweg offen: Da muss man durch, zwischen all den schleimigen, zischenden, um sich schlagenden grünen Tentakeln die den Zuhörer einfangen wollen um ihn hernach in den Schlund eines potthässlichen Marsbewohners zu verfrachten…
Klar, diese Scheibe atmet zu 100% den Zeitgeist von anno domini und höchstwahrscheinlich konnte die nur in dieser Zeit so wirklich funktionieren: Wir zogen in Zürich herum, waren auf der Jagd nach Yardbirds-Bootlegs und Punk-Singles, besuchten obskure Konzerte in ausrangierten Fabriken. Der Soundtrack dieser Jahre setzte sich oft aus Doors, The Who, Kinks, Patti Smith, Blondie, Janis Joplin, Ramones, Led Zeppelin, Clash, Little Feat und Talking Heads zusammen. The B-52’s gehörten dann auch regelmässig zum Inventar der Reisschüsselbeschallung (Toyota Corolla) meines Kumpels. Ein wildes Potpurri. Aber irgendwie waren das damals Puzzleteile die sich optimal ergänzten. Wenn jemals eine Schallplatte die Bezeichnung “New Wave” verdient hat, dann ist es das Debut der B-52’s.
LONG LIVE MODERN MUSIC!
mellow
The B-52’s – “same” (1979, Island Records)
1. Planet Claire
2. 52 Girls
3. Dance This Mess Around
4. Rock Lobster
5. Lava
6. There’s A Moon In The Sky (It’s Called The Moon)
7. Hero Worship
8. 6060-842
9. Downtown