Louisiana Red – Back To The Blues Roots 3

Deutschland war sein Königreich, Europa schätzte seinen starken Blues

Anfang der 80iger, also vor jetzt immerhin 40 Jahren migrierte ein US-Blues-Musiker nach Deutschland. Danach hatte er viele Jahre die deutsche Blues-Szene entscheidend mitgeprägt und – was Vielen nicht so bekannt ist – parallel auch in der US-Szene eine überaus nennenswerte Rolle gespielt. Die Rede ist von Iverson Minter besser bekannt unter seinem bekanntesten Pseudonym als Louisiana Red.

Louisiana Red (Herzberg 2008)

Iverson Minter wurde am 23. März 1932 in Bessemer, Alabama (USA) geboren. Seine schwierige Kindheit begann unmittelbar: Eine Woche nach seiner Geburt starb seine Mutter. Sein Vater wurde 1937 vom Ku-Klux-Klan ermordet. Er wuchs zunächst in schwierigen Verhältnissen bei Verwandten auf und erfuhr als Kind früh häusliche Gewalt. Drei Jahre seiner Kindheit musst Iverson in Waisenhäusern verbringen, bevor er danach dann bis 1940 bei seiner Großmutter Julia in Pennsylvania aufwuchs. Sein Opa nannte ihn: Little Louisiana Red Hot Sauce. Dann begegnete er Muddy Waters und noch in den 1980er-Jahren, also Jahrzehnte danach, erzählte er, dass ihm diese Begegnung ihm nie wieder aus dem Kopf ging. Er wollte Musiker werden, koste es was es wolle! Aber das was er dann als Straßen-Musiker verdiente, reichte nicht wirklich zum Leben. Also schloss er sich, wie er erzählte „um zu überleben“ einer Jugend-Bande an. Das ging natürlich schief. Und so wurde er bei einem Einbruch verhaftet und wie viele andere Afro-Amerikaner zur Zwangsarbeit verurteilt.

Die ersten Plattenaufnahmen machte er ab 1949. Dann ging Iverson zum US-Militär. Dort wurde er ursprünglich bei der Luftwaffe als Fallschirmjäger ausgebildet, 1951 nach Korea geschickt und war dort in einer Infanterie-Division im Einsatz. Auf seine unehrenhafte Entlassung aus der US-Army war Red stolz. Zurück in den USA spielte er in den Clubs in Pittsburgh und Chicago und machte unter den Pseudonymen Alabama Sam, Sugarman George, Louisiana Red, Crying Red und Texas Jim seine Musik. Als Rocky Fuller veröffentlichte Chess auf dem Sub-Label Checker 1952 eine Single mit seinen Songs »Soon One Morning« und »Come On Baby, Now«. Mitglieder der Muddy Waters Band sollen seine Begleitmusiker gewesen sein. 1953 folgte auf Fuller Records als Playboy Fuller die Titel »Gonna Play My Guitar« und »Sugar Cane Highway«. Als sich die Singles nicht gut verkauften, arbeitet er in verschiedenen Jobs, unter anderem im Stahlwerk und bei der Eisenbahn. Nebenbei beziehungsweise dazwischen spielte er auf der Straße und in Clubs in Chicago und Detroit. In den späten 50igern begleitete er John Lee Hooker und ist zum Beispiel auf dessen Song »Down Child« und 1962 auf »Boogie Woogie All Night Long« zu hören. Auch aus der Zeit gäbe es noch einiges zu berichten, aber nur so viel, sein Leben war ein ständiges auf und ab, auch mit Muslim-Bewegung, Black Panthers. Blues-Kollege Norbert Egger hat sicher noch einiges in seinen Archiven, wird die Schätze dort noch sichten und für die Nachwelt noch einiges heben, da bin ich ganz sicher.

Red: Promo AAA Culture 1

Red: Promo AAA Culture 2

Red: Promo AAA Culture 3

1957 zog Iverson Minter nach New York. Dort ist erstmals sein Künstlername Louisiana Red dokumentiert, als bei Atlas Records Songs von ihm auf der Single »I Done Woke Up« und »I Had A Feeling« erschienen. Der Künstlername Louisiana Red geht auf Iverson Minters kindliche Vorliebe für rote scharfe Chilisauce dieses Namens zurück. Außerdem hatte Red neben afrikanischem auch indianisches Blut in seinen Adern. In den frühen 60igern begann die Ära seiner vielen, vielen Plattenveröffentlichungen bei verschiedenen Plattenfirmen, darunter 1963 dem New Yorker Label Carnival Records und im gleichen Jahr bei Roulette Records. 1964 hatte er dann auf dem Label Glover mit »I’m Too Poor To Die« mit Platz 30 einen Hit in den R&B Charts und erreichte sogar Platz 117 in den Billboard Single Charts. Dies verhalf Louisiana Red auch zur Wahrnehmung und Auftritten in Europa.

Für sein Renommee in Europa besonders wichtig waren seine Auftritte 1975 beim Montreux Jazz Festival, im Rahmen der Aufzeichnungen des WDR Rockpalast 1976 sowie ab 1980 bei verschiedenen American Folk Blues-Festival-Tourneen. Aber auch sein Engagement für den Frieden. Infolge der sehr erfreulichen Anerkennung in Europa und des Rates des in Hannover lebenden Pianisten/Sängers Champion Jack Dupree migrierte Louisiana Red 1981 in die niedersächsische Metropole und heiratete dort, nachdem seine Frau Ealease 1972 früh verstorben war, seine zweite Frau Dora. Ab den 1980er-Jahren eilte Red dann von Erfolg zu Erfolg: Kaum nach Europa migriert, wollte man ihn auch in den USA wieder verstärkt hören. Also tourte er von Deutschland aus in den USA und erhielt dort 1983 den W.C. Handy Award der Blues Foundation als bester traditioneller männlicher Blues-Musiker. Daraufhin wollte ihn Blues-Boy King 1984 sogar beim Montreux Jazz Festival an seiner Seite haben. Er war ganz oben im Blues angekommen.

CBC & Red: World On Fire (85)

In Europa veröffentlicht er wieder bei mehreren verschiedenen Plattenlabels viele Alben, darunter 1985 bei MMG das mit City Blues Connection aufgenommene Album »World On Fire«. Das ist aus mehreren Aspekten nicht ganz unwichtig und in seiner Diskografie interessant, denn die Themen des Albums stammen alle aus dem Leben von Red, der Titelsong warnt gar vor der nuklearen Apokalypse. Das Album wurde 2017 klanglich aufbereitet neu aufgelegt und trotz nach mehr als 30 Jahren seit der Entstehung der Aufnahmen wurde es in Rezensionen mit dem Attribut „ungewohnt modern“ (Bluesnews #92) versehen. Nach einem ersten Film »Comeback« aus dem Jahr 1982, wo Red neben Eric Burdon zu sehen und zu hören ist, entstanden in den Folgejahren weitere Filme mit und über seine Person, darunter 2005 der Dokumentarfilm »Red And Blue« von WDR und NDR. Letztgenannte fast 70-minütige TV-Dokumentation, zu sehen auch auf YouTube, ist nicht nur Pflicht-Programm für Red-Fan’s, sondern für jeden Liebhaber der Blues-Musik. Da wird direkt von Red authentisch und ergreifend berichtet wie hart sein Leben und das auch vieler anderer Protagonisten aus der frühen Zeit der 30/40iger war. Viele dieser Erlebnisse hat er in seinen Songs verarbeitet, auch beim Album »World On Fire«. Besonders nach dem Millennium reihen sich dann die Würdigungen wie an einer Perlenschnur. Im März 2001 erhielt Louisiana Red von der Stadt Woodstock (New York) den begehrten Stadtschlüssel, was bei uns der Ehrenbürgerwürde entspricht, 2009 den Preis der Deutschen Schallplattenkritik sowie den Grand Prix du Disque (entspricht in Frankreich dem Grammy) für das Album »Back To Black Bayou«. 2010 folgte für sein Album »You Got To Move« der Blues Music Award Kategorie Acoustic Album Of The Year sowie den Blues Music Award Kategorie Acoustic Artist Of The Year. Der bedeutende Chicago Blues Musiker starb am 25. Februar 2012 in Hannover nach einem Schlaganfall. Der bedeutende Chicago Blues Musiker starb am 25. Februar 2012 kurz vor seinem 80igsten Geburtstag in Hannover nach einem Schlaganfall. Er hinterlässt in Hannover seine Frau Dora aus Ghana, in Atlanta seinen Sohn Robert Lee mit seiner Familie und eine riesengroße Sammlung von seinen geliebten Gitarren.

Red: Düsseldorf 07-2007 (Bild: Till Niermann)

Red: Bad in der Menge 2008 (Bild: SchoTTe)

SchoTTenTalk – Mitte 2009 meinte das Magazin Bluesnews (#58) in passender Weise »A Bluesman Don’t Never Retire« und das konnte man sicherlich auch wörtlich nehmen. Nicht nur das er seitdem er Anfang der 80iger, als Louisiana Red nach Nord-Deutschland wechselte, veröffentlichte er auch mindestens drei Dutzend Alben. Darüber hinaus war Tour-Leben und auf der Bühne vor Publikum stehen seit seiner Jugend in seiner DNA verankert. Zuletzt schloss sich der Kreis zu seinen Anfängen, jetzt nur nicht mehr als armer unbekannter Musiker an vielen städtischen Plätzen in seiner US-Heimat musizierend. Nur mit einigen Gitarren im Gepäck saß oder stand Red zuletzt auf den Bühnen Europas, darunter viele namhafte Festival-Bühnen in seiner neuen Heimat, und das noch bis kurz vor seinem Tod. Für mich hat die Begegnung mit Louisiana Red seit meiner Freundschaft mit Norbert Egger tatsächlich einen noch höheren Stellenwert. Norbert’s City Blues Connection hat 1985 das Album »World On Fire« mit ihm aufgenommen und es war mit Red auch eine Tour geplant. Norbert hat mir dazu mal in einem Interview einiges erzählt. Ich erlebte im Juli 2008 einen gut gelaunten Iverson Minter aus Hannover (geboren in Alabama), knapp 3 Jahre vor seinem Tod im Februar 2012, der allein mitten auf der Haupt-Bühne des Herzberg-Festival auf einem Stuhl sitzt und stolz seinen Blues spielte. Das reichliche Publikum jeden Alters und Sozialisierung vor der Absperrung, schon bei diesem ersten Künstler dieses Festival-Tages, war schnell begeistert. Er war es auch, mitten in einem Song sprang er auf, tanzte mit seiner umgehängten Gitarre wie ein junger Bonamassa oder Freischlader über die große Bühne. Jetzt wo ich diese Erinnerungen niederschreibe, rieselt es mir wie damals den Rücken runter, Magie pur !! Es ist mir danach immer wieder mal passiert, aber das sind Geschichten für andere Beiträge. Mich hat damals auch begeistert wie Louisiana Red danach an einem einfachen Bildzelt-Tisch saß, gut gelaunt alle Wünsche der Fans erfüllte und genau das ausstrahlte was den Blues ausmacht, Freude am Leben, und dieses Gefühl miteinander teilen. Ich habe ihm über den Bildzelt-Tisch die Hand hingehalten, er setzte kurz die Sonnenbrille auf die Nase, schaute mir in die Augen, erkennt mich von der Absperrung. Er lächelt mich an, ich lächle ihn an, es braucht keine weiteren Worte, wir verstehen uns total. Er signiert mit zitteriger Hand mein Programmheft, gibt mir noch einmal die Hand und meint „Thanks Man“. Wieder so eine zufällige Begegnung, wie mit Fats Domino in Ascheberg nähe Münster in den 70igern, oder Muddy Waters Anfang der 80iger beim Rockpalast in Dortmund oder mit John Mayall in den 90igern in Freiburg.

Red in seinem Königreich 2008 (Bild: SchoTTe)

Red in seinem Königreich 2008 (Bild: SchoTTe)

City Blues Talk – Red wollte oder sollte – ich weiß nicht, ob das die Idee des Platten-Produzent oder seines Managers war, ein besonderes Album produzieren, welches sich vom Durchschnitt seiner vielen anderen Alben abhob. Und da ich dem Produzenten schon früher signalisiert hatte, dass ich auch gerne „in die zweite Reihe“ gehen würde um einen der – damals lebten ja noch einige – großen afroamerikanischen Bluesmusikern zu featuren, kam dieser dann auf uns zu. Mit Louisiana Red waren wir lange, sehr lange im Studio. Mit dem Album sollte dann gemeinsam getourt werden. Red war ja so begeistert, dass er über City Blues Connection sagte: „They are better than any band I had before, even in Chicago”. Während dieser Studiozeit habe ich gehungert. Und dann wurden kurzfristig auf einmal alle Konzerte doch solo gegeben, keine Ahnung wer da raffgierig war, der Manager oder die Veranstalter.

Weiterlesen RZ: Back To The Blues Roots – Klingende Grüße, Norbert Egger & Der SchoTTe

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