Krokodil – 10. September 2021, Alte Kaserne, Zürich

Bei Comebacks von altverdienten Musikern bin ich eigentlich immer vorsichtig, die Gefahr, dass sie sich lächerlich machen indem sie nur ihre uralten Hits mit lauwarmem Wasser neu aufgiessen ist unbestritten vorhanden. Ausnahmen bestätigen glücklicherweise die Regel, das gilt auch für die legendäre Schweizer Band Krokodil

Schnappschnapp… wehe wenn dich die mit scharfen Zähnen bewehrte Schnauze erwischt, dann gibt es kein Entkommen! Mal ehrlich, so wie bei Krokodil muss das klingen wenn eine Band nach einem Unterbruch von über 45 Jahren nochmals die Schuppen entstaubt und auf die Konzertbühne kriecht.

Der Weg bis zum Auftritt in der Alten Kaserne in Zürich war allerdings eine steinige Angelegenheit für das wieder aus dem Sumpf der Rockgeschichte aufgetauchte Krokodil. Eigentlich wäre die Rückkehr auf die Bühnenbretter schon vor bald zwei Jahren mit dem Album An Invisible World Returns (ein gelungenes Remake des originalen Albums von anno ‘71) geplant gewesen, dieses Ansinnen wurde 2020 dann aber ein Opfer der Pandemie, stattdessen wurde eine Scheibe mit neuem Material in Angriff genommen. Die nun erfolgte Live-Premiere 2021 blieb ebenfalls nicht verschont von aussergewöhnlichen Vorkommnissen: Bassist und Sänger Terry Stevens musste wegen eines familiären Vorfalls kurzfristig absagen und das Ur-Krokodil Hardy Hepp (war in der Rolle der Gastechse vorgesehen) liegt mit einer Covid-Erkrankung im Spital. Die bestehenden Krokodile liessen die Show trotzdem nicht sausen und engagierten kurzerhand einen Ersatzbassisten. Der Geist des über uns schwebenden und alles Leben durchdringenden kosmischen Archosauriers möge mir verzeihen, dass ich mir den Namen des sympathischen Tieftöners nicht gemerkt habe, er hat seine Sache aber wirklich ausgezeichnet gemacht (nachträgliche Auflösung, respektive der Name der Tiefton-Aushilfe: Thomy Jordi).

Krokodil 2021?

Das ist noch immer Drummer Düde Dürst (Les Sauterelles, Smile), Mastermind und unermüdlicher Motor, er holte für die Reunion selbstverständlich Terry Stevens an Bord und ergänzte die Truppe mit Gitarrist/Sänger Adrian Weyermann (ehemals Crank – damals noch mit Haarpracht – heute zeitgemäss mit Hut) und dem Keyboarder und Arrangeur Erich Strebel. Mojo Weideli verstarb leider schon 2006, er wohnte der Wiedervereinigung aber bestimmt auch irgendwie bei, betrachtete Rückkehr der Krokodile halt einfach aus einer anderen Sphäre. Gitarrist Walty Anselmo kann wegen seines Parkinsonleidens nur sporadisch mitmachen, aber wenn es geht, ist er mit Herz und Seele dabei, sitzend halt, nichtsdestotrotz mit Enthusiasmus und einer Begeisterung die ansteckend wirkt, so wie beim Reunion-Gig in der Alten Kaserne.





Für einen wie mich (der „erst“ 1974 übers Krokodil stolperte und es deshalb noch nie zuvor live besuchen und seinen Schuppenpanzer tätscheln konnte) war der Reunion-Gig in Zürich natürlich ein Festmahl/Fressen das nicht ausgelassen werden durfte, die Chance Düde endlich einmal in dieser archaisch/krokodil‘schen Urwelt zu erleben musste ganz einfach gepackt werden. Und das alte Trommelkrokodil (an dem faszinierenderweise jegliche Alterungsprozesse vorbeigehen, ich vermute Düde teilt sich im Verborgenen einen Jungbrunnen mit Mani Neumeier von Guru Guru und Hellmut Hattler von Kraan) und seine Mitstreiter machten eine Punktlandung, liessen eine vergessen gegangene musikalische Urlandschaft auferstehen, eroberten mit alten und brandneuen Songs ihr treues Publikum im Sturm. Mr. Weyermann hegte zwar Zweifel, ob er Hardy bei „Morning Dew“ ersetzen könne, ich bescheinige ihm hiermit aber, dass er das kann, er gab bei dieser Nummer den besten Hardy-Imitator ab, der mir jemals zu Ohren gekommen ist. Die Setlist war ein Streifzug durch das Repertoire der längst vergangenen Krautzeit (ich persönlich hätte mir noch „And I Know“ in einer XXL-Version gewünscht) das durch neue Songs wie „Shadow Blues“, „Psychedelic Train“ oder „Sirens“ ergänzt wurde, sie ergaben in der Summe das beste Konzert, das mir seit langem untergekommen ist. In meinem ganz persönlichen Konzerte-in-Zürich-Ranking ist der Krokodil-Abend mindestens so denkwürdig wie der furiose Gig der Kinks anno ’78 im Volkshaus als Chicken Fisher zu Freude der Davis-Brüder mit „Swiss Folk Music“ (mundartlich: „Hudigäggeler“) die verloren gegangene Vorgruppe ersetzen durften. Also das will was heissen…

LONG LIVE KROKODIL-ROCK!
mellow

 

KROKODIL – ANOTHER TIME
(2021, CD, KROKODIL Records Switzerland)
1. Another Time
2. How This Works
3. Shadow Blues
4. In My Dream
5. Sirens
6. Better Slow Down
7. Dear Prudence
Bonustrack:
8. Psychedelic Train

Das Netz-Krokodil: www.krokodil.li

 

Hier tauchen sie sicher gleich
auf… die Krokodile

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

… et voilà… da sind sie ja
schon die lieben Tierchen…



(Collagen: Mellow am “Lake Of Pfaeffikon” im fiktiven Streifen
“Beware Of The Psychedelic Crocodiles”… oder so ähnlich…)

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