Jimmy Smith – Root Down (1972)

Aha, hier ist er ja der Zugang zum Jazz/Blues-Archiv dieses Blogs.

Ganz schön vergammelt die Tür, mit rostigen Scharnieren dran, und die Spinne in ihrem Netz fühlt sich offenbar ganz wohl da oben drüber in der dunklen Ecke. Okay, also da will ich rein, muss aber erstmal den Bauschutt wegräumen und dann das Tor aufbrechen. Naja sag ich mir, selber schuld: Wer auf verschlungenen Querverbindungen in die Roots-Bibliothek eindringen will ist selber schuld…

So ganz jungfräulich bin ich eigentlich gar nicht was jazzig/grooviges Strandgut anbelangt, immerhin hüte ich über 20 Scheiben der (Jazz) Crusaders. Und einige von Tower Of Power. George Benson ist auch vertreten und selbstverständlich Larry Coryell. Sogar James Last und Bert Kaempfert als Vertreter der leichten Muse (Easy Listening), sozusagen als Ausgleich zu Miles Davis. Jimmy Smith findet sich auch in diesem manchmal schwierig einzugrenzenden Crossover-Bereich mit Elementen aus Jazz, Blues und Soul, der Meister der Hammond-Orgel der nur einmal schwach wurde und kurzzeitig sein bevorzugtes Instrument gegen eines des deutschen Orgelbauers Wersi auswechselte, ein fetter Check hatte das wahrscheinlich möglich gemacht.

Meistens aber tobte er sich auf seiner Hammond aus, mit dieser Tastenkiste lieferte Smith grossartige, grenzüberschreitende Performances zwischen vorgängig erwähnten Soundkoffern ab, Root Down – Jimmy Smith Live! ist so ein Ding. Für mich ein glasklarer Fall von „muss ich haben“, denn Wilton Felder (eigentlich der Saxophonist der Crusaders, der Tieftöner war mehr sowas wie ein Hobby) spielt hier Bass und aus demselben Kreuzritter-Umfeld gesellt sich Gitarrist Arthur Adams zu dieser beschwingten Jamgemeinschaft. Die smith’sche, oftmals anonyme Begleitcombo wurde hier ergänzt durch Paul Humphrey (Drums) und Buck Clarke (Percussion).

Und die Truppe war gut drauf als sie 1972 im Bombay Bicycle Club, Los Angeles die Bandmaschinen mitlaufen liess. Die Band swingt, funkt, groovt und bluest sich abgeklärt und locker durch den Gig, man hört förmlich heraus wie die Spass hatten. Freiräume gibt es zuhauf, keiner kommt zu kurz, jeder darf mal solo ran. Mittendrin natürlich Jimmy Smith mit seiner grossen schweren Holzkiste der er diese umwerfenden Klänge entlockte. Klasse, da lohnt es sich die Steine vor dem Archiv abzutragen wenn man als Dank so etwas geboten kriegt. Und nun habe ich die Bescherung, Roots Down gefällt mir ausgezeichnet, die Forscherei nach ähnlich gelungenen Smith-Recordings geht erst richtig los denn allzuviel hab‘ ich ja noch nicht archiviert, einzig Who’s Afraid Of Virginia Woolf? und Go For Watcha Know aus den Neunzigern finden sich im Regal. Es wäre an der Zeit sich wieder einmal um das musikalische Vermächtnis des 2005 verstorbenen Tastenzauberers zu kümmern…

LONG LIVE GROOVY MUSIC!
mellow

 

Root Down – Jimmy Smith Live!
(LP, 1972, Verve / CD, 2000, Verve)
1. Sagg Shootin‘ His Arrow – 11:47 (Smith)
2. For Everyone Under The Sun – 5:55 (Chase)
3. After Hours – 7:36 (Parrish / Feyne / Bruce)
4. Root Down (And Get It) – 12:29 (Smith)
5. Let’s Stay Together – 6:12 (Green / Jackson / Mitchell)
6. Slow Down Sagg – 10:30 (Smith)
7. Root Down (And Get It) – 12:13 (Smith)

(erweiterte Tracklist der CD-Ausgabe)

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3 Kommentare

  1. …kannte ich bisher noch nicht und habe mich mal von eurer Kritik inspirieren lassen. Was soll ich sagen: GROSSARTIG. Es gibt doch immer wieder was zu entdecken. Danke für den Tipp. Gruß – Ronald;-)

  2. Es ist halt immer wieder genial wenn noch originale Bänder gefunden und Fehler der Vergangenheit korrigiert werden können. Das ist natürlich nicht immer der Fall, viele der ursprünglichen Tapes aus den Studios gingen im Lauf der Jahre verloren, wurden überspielt oder durch chemischen Zerfallsprozess unbrauchbar.

  3. Und das beste daran? Zu Vinylzeiten ein interuped record mit Ausblendungen und Applausunterbrechungen – ist es nun: Das volle Konzert auf CD! Alles ausgespielt und 2 Zusatztracks! Sternstunde! Im wahrsten Sinne!

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