Jasper Van’t Hof – Pili Pili – Klang Visionäre 3

Pili-Pili Piment ist scharf, die Musik ist rhythmisch und würzig !!

Es ist schon eine gefühlte Ewigkeit her, als ich mich mit einem Freund in einem Jazz-Club traf und dort ein äußerst ungewöhnliches 20-minütiges Rhythmus-Monster hörte. Meine Nachfrage ergab das sich die Band Pili Pili nannte und der Urheber dieser Musik ein niederländischer Musiker namens Jasper van’t Hof war. Zu dieser Zeit war ich, wie ich schon mehrmals schrieb, sehr begeistert von Musik in Triangel von Rock, Jazz und World. Ich habe mir dann eine Best-Of namens »Pili Pili« (1984) besorgt, bestehend aus dem Debüt des Projekts sowie vier weitere Titel vom Nachfolger »Hoomba Hoomba« (1985). Die wunderbare Musik verbindet technisch-künstlerische Virtuosität des modernen Jazz mit der Extrovertiertheit der druckvollen Rockmusik.

Jasper van’t Hof beim einem Konzert mit Bob Malach, Treibhaus Innsbruck 2008 (B: Svickova, Erstellt: 27-11-2008)

Jasper van’t Hof – Als Spross eines Jazztrompeters und einer Sängerin & Pianistin bekommt er in Enschede die Liebe zur Musik praktisch mit in die niederländische Wiege gelegt. Eigenständig entwickelt der am 30. Juni 1947 geborene Jasper van’t Hof schon als Kleinkind großes Interesse an massiven Hochglanz-Möbel mit schwarz-weißen Tasten. Der folgende Klavierunterricht bildet dann die solide Grundlage als Teenager zu komponieren. In mehreren Schulbands verfeinert und erweitert er seine Fähigkeiten, in einem lokalen Jazzclub findet der Klanggestalter sein hervorragendes Experimentierfeld. 1969 gründet er mit den beiden Deutschen Toto Blanke (Paderborner Gitarrist Hans Otto Blanke, Electric Circus) und dem Krefelder Hochschullehrer Siegfried „Siggi“ Busch (Bass) sowie dem Schlagzeuger Pierre Courbois aus Nijmegen die Elektronik-Formation Association P.C.. Die schaffen mit einer neuen modernen Klangästhetik schnell den internationalen Durchbruch. Jasper spielt mit dieser avantgardistischen Fusion-Band »Earwax« (1970), »Sun Rotation« (1972), »Erna Morena« (1973) ein. Schon zu der Zeit arbeitet er auch schon mit Joachim Ernst Berendt, Conny Plank und anderen Szenegrößen zusammen, wird von verschiedenen Stellen zu einem der führenden europäischen Synthesizer-Spieler gekürt. Jasper Van’t Hof spielt 1973 auch in der Fusion-Big-Band Sincerely P.T. mit Curt Cress, Jiggs Whigham, Joe Nay, Manfred Schoof, Peter Trunk, Shake Keane, Siegfried Schwab zusammen und mit ihnen ein selbstbetiteltes Album (Spiegelei Records) ein. Schnell formiert der Niederländer auch noch Pork Pie, mit dem Saxofonisten Charlie Mariano und dem belgischen Gitarristen Philip Catherine, lotet damit den Spielraum des experimentellen Jazz-Rock noch weiter aus, veröffentlicht »Transitory« (1974) und »The Door Is Open« (1976). Jasper: „Das höchste, was ein Musiker erreichen kann, ist für mich auch heute noch die freie Improvisation aus der profunden Kenntnis seiner Instrumente heraus.“ Gesagt und getan, in nur sechs Jahren in der internationalen Spitzengruppe angekommen. Nach einer Pause von zwei Jahrzehnten noch mal das Pork-Pie-Album »Operanoia« (1996), diesmal sogar gewürzt mit afrikanischen Chor.

Association P.C.: Sun Rotation

Pork Pie: Transitory (1974)

Eyeball: Eyeball (1980)

Verschiedene personelle Formate – Seine Karriere setzt sich bis heute aus vielen losen Kollaborationen; Electric Circus, Association P.C., Eyeball, Apocalypse, Labyrinth, Hotlips, etc.; aber auch beständigen Formationen (Pili Pili) und stetig wiederkehrenden Projekten zusammen. Wie bereits bemerkt, hat er im Laufe seiner erfolgreichen Laufbahn mit bedeutenden Kolleginnen und Kollegen zusammengearbeitet. Im Duo mit Archie Shepp (Saxofon) veröffentlicht er Ende der 70er die wegweisende Aufnahme »Mamma Rose«. Teufelsgeiger Jean Luc Ponty, Alphons Mouzon (Schlagzeug), Bob Malach (Saxofon), Didier Lockwood (Geige) Trilok Gurtu (Perkussion), Marilyn Mazur (Schlagzeug, Perkussion), Wayne Krantz (Gitarre) und Wolfgang Dauner (Piano) sind nur einige seiner weiteren Partner. Zu seinem 50-jährigen Geburtstag veröffentlicht er 1997 »Tomorrowland« mit Saxofonist Bob Malach und Jean-François Jenny-Clark (Bass, verstorben 1998). Jasper: „Die CD ist für mich deshalb so wichtig, weil ich nun ordnen kann, was früher wild umherflog. Sie ruht in sich, schwelgt ein bisschen und vereint meinen ganzen Erfahrungsschatz. In der Jugend habe ich zehn Töne gebraucht, zehn Jahre später waren es dann sieben Töne, wieder 15 Jahre später vier Töne für ein und denselben Ausdruck. Nun, mit 50, reicht mir ein Ton, um alles zu sagen.“ Doch auch nach seinem nun gefundenen Ton veröffentlicht er fleißig weiter und bedient sich dabei den kompletten zur Verfügung stehenden Klang-Skalen. Seine enorme Kreativität bannt er in regelmäßigen Abständen auf hörenswerte Tonkonserven. Dazu gehört das Album »Ballads Of Timbuktu« (2002) ebenso, wie das fünf Jahre später als Projekt Hotlips erscheinende »Live At Quasimodo«. 2008 erscheint mit »Pseudopodia« eine etwas kontrovers diskutierte Scheibe. Aber was soll es, über Jasper wird nun seit über 50 Jahren bis heute diskutiert, also wirklich nichts Neues. Es gibt eine sehr schöne, limitierte 4CD-Werkschau »Jazz Because« (2017) von Jaro Medien, die fast alle Karrierestationen würdig abbildet. Leider sehr schwer zu bekommen, aber lohnenswert danach zu suchen. Jasper Van’t Hof ist bis heute ein experimentierfreudiger und klanghungriger Suchender geblieben, arbeitet mit internationalen Spitzenkräften jeden Alters erfolgreich zusammen, nimmt gelegentlich auf, gibt Konzerte.

Pili PiliJasper: „Wir trafen uns alle in London und ich stellte den schwarzen Musikern mein Konzept vor. Sie zogen Kopfhörer auf und hörten sich meine Tracks an. Über die anschließende Frage, welche Stücke aus ihrer Volksmusik jeweils passen würden, gab es sofort enorme Auseinandersetzungen. So weigerte sich die Gruppe zum Beispiel, eine 4/5-Komposition zu akzeptieren, weil dieses Metrum ihrer Volksmusik fremd ist. Aber dann war das Album jedoch in zwei Wochen perfekt.“ Nach der Veröffentlichung waren die Namen Jasper Van’t Hof und Pili Pili in der internationalen Clubszene als African-Funk über Nacht ein Begriff, ein Meister-Coup. In ausgedehnten Tourneen erspielten sie sich einen weiterhin wachsenden Fan-Kreis und zunehmende Bekanntheit. Wer das Glück gehabt hat, Pili Pili mal live zu erleben, vergisst das nie. Ihre Konzerte sind wie ein Rausch, Improvisationen über 20 bis 30 Minuten ohne im Geringsten langweilig zu werden, im Gegenteil man wünscht sich sie sollten nie aufhören. Leider war mir das Live-Vergnügen noch nicht vergönnt, aber ich habe viele seiner Weggefährten, besonders bei mehreren Auftritten der Dissidenten, in Aktion Live erlebt.

Hoomba Hoomba (1985)

Pili Pili: Hotel Babo (1989)

Ukuba Noma Unkungabi (2011)

Jasper Van’t Hof’s Pili Pili – Pili-Pili Piment (Zaire: scharfer Pfeffer) ist scharf, geben den Gerichten die richtige Schärfe. Das Piment-Pulver wird aus scharfen Chilis aus Togo hergestellt und verfeinert nicht nur dort viele Gerichte. Die Togoer würzen alles kräftig mit Piment, aber Vorsicht: wir Weißen sind die schärfe nicht ganz so gewöhnt. Die Liebe zur afrikanischen Musikkultur entdeckte Jasper van’t Hof, der kreative Kopf von Pili Pili, nicht erst bei einer Tournee mit Philip Catherine in Zentralafrika. Dort spielten sie viel und begeistert mit afrikanischen Perkussionisten zusammen, unter anderem in Zaire mit der Band von Nono, zwölf Leute mit Riesentrommeln. Jasper: „Die Anziehung durch afrikanische Musik bestand schon immer, allein schon, weil Jazz, Rock, Soul, Blues, ja weite Bereiche der Popszene, weil das alles ohne die afrikanischen Einflüsse undenkbar wäre. Ich sagte mir, die Rhythmussektion der nächsten Platte wird ganz anders, das nächste Ding machst du mit African Drums.“ Mit der nigerianischen Isaac Tagul Group trifft er sich im Sommer 1983 in ein Londoner Studio und präsentiert kurz danach erstmals das bis heute erfolgreiche Projekt Pili Pili. Das titelgebende über 15-minütige tranceartige African-Drum-Monster »Pili Pili« (25. Januar 1984) machte ihn über Nacht auch in der Clubszene berühmt. Mit den Nachfolgern »Hoomba Hoomba« (1985), »Jakko« (1987), »Be In Two Minds« (1988) und »Live 88« (1989) liefert er weiteren rhythmusbetonten Stoff im Grenzbereich nach. Mitwirkende daran waren beispielsweise Angélique Kidjo aus Benin (zwischen Togo und Nigeria), Manfred Schoof, Chris Hinze, Nicolas Fiszman & Marlon Klein (Dissidenten), George Kooymans (Golden Earring), Tony Lakatos, Trilok Gurtu (viele Projekte mit ECM Künstlern) und viele mehr. Angélique Kidjo erlangte durch ihre Arbeit bei Jasper’s Pili Pili viel Aufmerksamkeit und Erfolg weltweit. Bis heute legt Jasper bei diesem Projekt immer wieder den Fokus auf West-Afrika, mit »Ukuba Noma Unkungabi« (2011) sogar weiter Richtung Süden. Mit einigen von den Genannten musizierte der Rhythmus-Dutch-Man immer wieder bis heute in seinem Projekt, aber auch in verschiedenen anderen Formaten. In unregelmäßigen Abständen trifft sich die Stammcrew der Pili Pilis bis heute, um mit unterschiedlichen Gästen ihre Weltmusik-Vision zu malen und auf Platte zu bannen. Zum 20-jährigen Jubiläum erschien 2004 mit »Post Scriptum« eine musikalische Retrospektive auf einer Doppel-CD. Der erste Teil führt durch die komplette Bandgeschichte einer der Dienstältesten und innovativsten Weltmusik-Truppen. Der zweite Silberling wartet mit bisher unveröffentlichten Live-Mitschnitten auf.

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