Von den Royal Servants zu Eulenspygel “Trash” (Teil 4)

Von den Royal Servants zu Eulenspygel “Trash” (Teil 4)

 

Die Frage stellt sich hier, chronologisch, ja oder nein? Und was ist überhaupt chronologisch? Aufnahmetechnisch gesehen, ja! Veröffentlichung, sehr beschränkt! Veröffentlichung für Otto Normalverbraucher, ja! Die Geschichte dieser englischen Variante des “Ausschuss” Albums ist kompliziert, um mal das Mindeste zu sagen, und in weitesten Teilen gar nicht mehr belegbar nachzuerzählen. Was allerdings mehr als erstaunlich ist, dass “Trash” doch noch den Weg in die Verkaufsregale gefunden hat, wenn auch nur 2021 (als CD) und 2022 (als LP).

 

Ich bin ja eingefleischter Eulenspygel Fan seit 1971 und bin es bis heute geblieben, auch wenn es da die eine oder andere Gurke gibt in der Veröffentlichunghistorie. Aber das wird in einem späteren Teil behandelt. 1972 kam das Album “Ausschuss” auf den Markt und ich weiss noch genau, ich war doch etwas beeindruckt, dass Eulenspygel die LP damals im Apple Studio (auf Platte als Apple Studios bezeichnet) aufgenommen hatten. Ich weiss noch, “aber Hallo” kam mir damals als erstes in den Sinn. Und das Leben hätte schön weitergehen können mit dem zweitbesten Album, dass Eulenspygel je eingespielt hatten.

 

Fast forward Ende der 70er/Anfang der 80er als mir zum ersten Mal das Gerücht zu Ohren kam, dass die Band damals eine englischsprachige Version des Albums zusätzlich abgeliefert hatte. Was, wie, wo und warum, diese Informationen blieben im Dunkeln verborgen. In den (etwa) 90ern tauchten dank des Internets auch schon mal zusätzliche Informationen auf, vieles davon aber Wischiwaschizeug und nicht wirklich ernsthaft als Beitrag zu werten. Klar war nur, dass es davon mindestens eine (wie in 1/eins) Demo-LP gab (wahrscheinlich ein Azetat) und dass die kommerzielle Variante nur auf 8-Track veröffentlicht wurde. 8-Track? Deutsche Band? Da passte dann schon einiges nicht zusammen. Eine deutsche Band veröffentlicht ein 8-Track mit englischem Gesang. Ich sehs heute noch nicht und wenn ich da verfolge, was der Detlev Nottrodt von Zeit zu Zeit geschrieben hat, war ich da wohl mit der Band auf einer Linie.

 

Anscheinend wurde a) der Aufnahmeort in London und die Apple Studios, b) die englischen Gesangsspuren (und die etwas anderen musikalischen Abmischungen, die anderen Tracklängen und die zusätzlichen Instrumentalanpassungen) und nicht zuletzt der/die angedachte/n Verkaufsmarkt/märkte, vom damaligen Management entschieden. Aber belegen kann das anscheinend niemand mehr. Da stellen sich doch einige Fragen: a) Warum eine englischsprachige Version, b) warum ein 8-Track und c) was war als Markt angedacht?

 

Ich muss da mal spekulieren: Eulenspygel waren jetzt nicht so gross im Geschäft, als dass sich eine internationale Karriere angeboten hätte. Schon gar nicht in U.K. oder USA (oder auch einfach dem Rest der Welt). Ich vermute mal, das Management der Band hat sich da im Grössenwahn verrannt und schlechte Enscheidung getroffen oder den Musikern aufgedrängt. Vielleicht wird da heute noch einiges unter der Decke gehalten, ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass die Mitglieder von Eulenspygel so doof waren, dass sie sich nicht selbst einige Fragen gestellt haben dürften.

 

Das 8-Track muss ja wohl auf USA (und vielleicht noch ein wenig auf U.K.) ausgerichtet gewesen sein. Aber mal ehrlich, Eulenspygel dürften 1972 wohl jedem/jeder Amerikaner/in total unbekannt gewesen sein. Und dann war die Musik auch nicht unbedingt der amerikanische Geschmack. Die sind erst viel später darauf gekommen und haben dann angefangen den Deutschen den Krautrock zu erklären. Aber 1972? Wohl eher nicht. “Trash” geht wohl in die Geschichte als verunglückter Versuch ein, sich mit einem stümperhaften Marketingtrick in den USA zu etablieren. Ich greife jetzt etwas vor, das war dann ja auch das Ende von Eulenspygel “as we know it”, davon aber mehr in einer zukünftigen Folge.

 

 

 

 

 

 

 

Ebenfalls wurde nie wirklich rausgerückt wieso man zusätzliche Musiker für die Aufnahmen benötigte, Ronnie Libal war ein kompetenter Basser und einen Keyboarder hatten sie ebenfalls schon an Bord. Und und und … “anonymous” Drummer anyone? Was ist mit Günther Klinger? Nein, Freunde und Nachbarn, da ist heute noch einiges unklar und ich habe zwar so meine Ideen, aber belegen lässt sich da nichts. “Trash” scheint wie ein Stein gesunken zu sein (egal welcher Markt da schlussendlich angepeilt wurde) und 8-Tracks sind unheimlich schwierig zu ergattern.

 

Damit wir uns richtig verstehen, für den Eulenspygel-Fan waren die Jahre 2021/2022 eine Offenbarung. Endlich endlich endlich … die fast verloren geglaubte Variante des “Ausschuss” Albums. Ich war ziemlich nervös als ich die CD einlegte (und dann wieder als mir die LP zukam). Ich kannte zwar die Tracks schon, da ich mit Glück und Rückenwind vor einigen Jahren an ein 8-Track rankam (dass mir dann meine Maschine gefressen hat).

Für wen ist das Album in dieser Version heute gedacht? Tatsächlich für den Extremfan anno 1971/1972. Zu spät Geborene können da nicht mitreden, so ist es halt nun Mal. Die musikalischen Aenderungen kann ich nicht wirklich raushören, da bin ich nicht geschult um das beurteilen zu können. Eine Ueberraschung gibt es bei den Vocals, für eine Band aus Deutschland Anfang der 70er ist das sensationell gut präsentiert (nix da à la Gash “a softly rain fell down” etc.). Der Gesang wurde mal als “posh english” bezeichnet, egal, tönt schon etwas “upper class”. Dank Long Hair können nachfolgende Generationen nun nachvollziehen, was die feuchten Träume der vorhergehenden Generation/en waren. Oder nicht. Wenn jemand nicht so knietief drinsteckt, dann tut es wahrscheinlich auch die ursprüngliche Version von “Ausschuss”, letztere wurden auf CD (Garden of Delights) und LP (Long Hair) wiederveröffentlicht.

 

“Trash” ist wahrscheinlich (auch hier ist nichts sicher) durch die Initiative von Delev Nottrodt ans Licht des Tages gekommen. Ebenso irritierend, auf seiner Website war lange ein kurzer Abriss der Geschichte von Eulenspygel (und möglicherweise auch Royal Servants – bin mir da nicht mehr ganz sicher) zu lesen, aber das ist seit Jahren weg. Und Detlev Nottrodt hat auch nie nur eine Andeutung gemacht, dass da “Trash” auf den Weg gebracht wird. Ich glaube, auf FB war mal eine kurze Meldung von ihm.

 

P.S.: Im Booklet zur CD gibt’s einen extrem kurzen Abriss betreffend was mit der Band nach den Aufnahmen in London passiert ist.

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