Steeleye Span – Stranglers: EMI 9

Schatzkisten: Steeleye Span – Stranglers

EMI hatte in der Zeit von 2010 bis 2015 im Bereich Bündelung von Original-Alben als Pakete (Klein-Budget-Serien) von drei bis sechs CD’s die Preis-Leistung-Referenzqualität !! Es gab auch die CD-Boxen »Original Album Serie« (Warner, 5CD) und »Original Album Classics« (Sony/BMG, 3CD oder 5CD) im Platz sparenden Papp-Schuber. Da waren die einzelnen Original-Alben (je CD ein Album) in einfachen Papp-Taschen (Cardboard-Sleeve), Mini-LP-Hüllen im Replica-Design und ohne Booklet und weitere Informationen sowie meist aber auch ohne Bonus-Titel und aktuelles Re-Mastering. Für Liebhaber die fast lückenlos die Entwicklung der Geschichte oder Teil-Geschichte der/des Künstler/s mittels Alben und Bonus-Material verfolgen möchten, bot EMI damals die preiswerteste Alternative zu den teils nicht mehr verfügbaren und/oder teuren Einzel-Alben/Singles. Auch wenn man den Output eines Künstlers beziehungsweise Band sowie eines Labels (Charisma, Decca, Harvest, Island, Motown, Vertigo, Virgin) auf zwei Boxen verteilt hatte, wie beispielsweise Groundhogs, Gentle Giant, Steeleye Span, Robin Trower, Tangerine Dream oder UFO, die Quantität und Qualität bleibt immer gleichbleibend hoch. Bei den Label-Übersichten von Island und Virgin sind die sechs verschiedenen 3CD-Boxen sogar nach Zeit und/oder Thema gegliedert. Leider sind heute viele Ausgaben nur noch auf dem Gebraucht-Markt zu haben, man muss geduldig suchen, aber es lohnt sich sehr, fast immer. Es gab noch eine zweite parallele Serie von EMI Classics, mit zwei Dutzend dicken Paketen der EMI-Künstler der 50iger und 60iger. Hier werden in ähnliche Ausstattung beispielsweise Helden wie Shirley Bassey, Donovan, Hermans Hermits, Hollies oder Shadows umfassend vorgestellt. Wieder mal kann der Schatz-Jäger über einen kleinen Erfolg berichten, gebraucht gesucht und jetzt für SchoTTische knapp einstellige Anzahl von Euronen die Box »Singled Out« von Dr. Feelgood eingesammelt. Also weiter suchen lohnt sich sehr, immer schön AUGEN AUF !!!

Leider zahlt der Käufer heute eh fast nur noch Logistik und Vertrieb. So kommt es, dass man beispielsweise wie bei Peter Tosh, alle sechs Studioalben, plus Bonus-Titel, plus komplettes unveröffentlichtes Live-Konzert, alles 2012-Remastered, plus tolles informatives Booklet in 6-CD-Box für damals um die SchoTTischen 10 Euro bekommen konnte und im anderen Fall reinfällt mit einem Einzel-Album im vermeintlich wertigeren Digi-Pak ohne Bonus oder Mehrwert für den gleichen oder höheren Betrag. Nachfolgend stelle ich hier in Teil 5 der Serie nun wieder weitere fünf interessante dicke Dinger vor. Weitere Beiträge folgen. Also noch einmal: IMMER AUGEN AUF !!!

Nun gehen wir bei der Vorstellung der EMI-Boxen langsam in den Endspurt, also Richtung Buchstaben XYZ. Ich bin durch alle Genres gepflügt, habe alle Jahrzehnte gestreift und hoffentlich hungrig gemacht auf die dicken Dinger von EMI. Leider sind inzwischen auch schon wieder über 10 Jahre ins Land gegangen seit die EMI Veröffentlichungsoffensive begonnen hat und leider sind verschiedene Boxen auch als Neuware bereits schwerer zu bekommen. Einige rare Exemplare sind heute mehrfach so teuer wie beim Erscheinen, vor allem die Klassiker der 60er; Shirley Bassey, Donovan, Hermans Hermits, The Hollies, Manfred Mann, Shadows und viele mehr; erreichen schon mal astronomische Preise. Aber auch diese Reihe werde ich komplett vorstellen, eine Zeitreise bis zurück in die 50er.

A Parcel Of Steeleye Span

Fairport Convention, Pentangle und Steeleye Span zählten Ende der 60er zum prägenden Triumvirat der sich stark entwickelten britischen Folk-Rock-Szene. Der urige Bandname stammt von einer Figur aus dem englischen Volkslied »Horkstow Grange«. Dieses Lied wurde von Steeleye Span aber erst 1998 eben für das Album »Horkstow Grange« aufgenommen. Die Band gründete sich um 4-Saiten-Zupfer Ashley Hutchings, vormals bei Fairport Convention und einigen anderen exzellenten Folk-Rockern der irischen und britischen Szene. Nach einigen Anlaufschwierigkeiten in den frühen 70er Jahren, kam diese Gruppe nach drei Alben bei drei verschiedenen Labels ab 1972 dann mit einfallsreichen Alben wie »Parcel Of Rogues« (1973) und »Now We Are Six« (1974) richtig in Schwung. Sie erreichten schließlich mit dem 1975er Hit »All Around My Hat« und dem dazugehörigen Album einen bedeutenden Erfolg in den britischen Charts. Kommerziell begann ihr Stern aber Ende der 70er schon wieder etwas zu verblassen. Das hatte nicht nur mit der Musik zu tun, sondern auch mit dem allgemeinen Wechsel der musikalischen Strömung. Von 1972 bis 1975 veröffentlichte diese Formation insgesamt fünf Alben auf dem Chrysalis-Label, eine Zeit- und Album-Spanne, die in der 3CD-Box »A Parcel Of Steeleye Span« (2009) noch einmal würdig zusammengefasst wurde. Die insgesamt 51 hier versammelten Songs dokumentieren nachhaltig die Entwicklung der Band vom anfänglich stark akustisch folkloristischen Stil der ersten drei Werke, hin zum stärker kommerziell erfolgreichen Elektrik-Folk-Rock der Phase Post-Hutchings. Inklusive des ersten Hit »Gaudete«, der später zum Weihnachtshit avancierend, vom Album »Below The Salt« (1972), sowie auch die UK Top-5-Nummer »All Around My Hat« vom gleichbetitelten 75er-Longplayer, der mit Mike Batt einen bereits damals wie auch heute noch prominenten Produzenten hatte. Genau wegen der neuen stärker elektrifizierten Ausrichtung verließ dann Ashley Hutchings auch Steeleye Span nach dem dritten Album. Eine enge Verbindung gab’s in dieser Umbruch-Zeit auch zu Jethro Tull, in deren Vorprogramm Steeleye Span des Öfteren unterwegs waren und dessen einbeiniger Vorturner Ian Anderson das Album »Now We Are Six« (1974) sogar selbst produzierte. Trotz einiger Besetzungswechsel in der Frühzeit, sind Steeleye Span über ihre gesamte Karriere bemerkenswert beständig und produktiv geblieben, wobei Gründungsmitglied und prägende Frontstimme Maddy Prior fast die gesamte Zeit über am Ruder war. Die zweite Vokalistin Gay Woods, auch von Anfang an Mitglied, war immer wieder mal eine Zeit nicht dabei. Auch Gäste wie David Bowie am Saxofon und Peter Sellers mit Ukulele sind als Klangtupfer bei zwei Titeln am mitmusizieren. Die fünf Chrysalis-Studioalben von »Below The Salt« (1972) bis »All Around My Hat« (1975) plus einiger Single-A/B-Seiten werden hier auf 3CD kompakt zusammengefasst. Wer es noch SchoTTischer haben möchte, der kann auch zur 5CD-Box »Original Album Series« greifen, alle fünf oben genannten Alben, aber spartanischer ohne Zusatzmaterial und Booklet, einfache Papp-Box sowie Card-Sleeves.

Another Parcel Of Steeleye Span

Steeleye Span war ein prägendes und schillerndes Mosaikstück des frühen britischen Folk-Rock und spielte mit wenigen Ausnahmen überwiegend traditionelle britische Musik. Großartige Arrangements basieren auf wundervollen Gesangsharmonien und außergewöhnlicher und perfekter Instrumental-Arbeit. Das sind übrigens die Markenzeichen dieser Gruppe, waren die Grundlage ihres kometenhaften Aufstiegs in der Szene. Die wunderbaren Aufnahmen sind absolut zeitlos und klingen bis zum heutigen Tag modern. Mit dem EMI-Box-Nachfolger »Another Parcel Of Steeleye Span« (2010) werden jetzt noch weitere Raritäten-Schneisen in der üppigen Diskographie der legendären Folk-Rock-Formation Steeleye Span geschlossen. Denn dieses 3CD-Paket öffnet die Schatztruhe für fünf inzwischen schwer zu bekommende Alben, besonders als CD-Versionen. Gebündelt sind hier mit »Rocket Cottage« (1976), »Storm Force Ten« (1977), »Live At Last!« (1978) und »Sails Of Silver« (1980) die vier weiteren Chrysalis-Alben aus der zweiten 70er-Hälfte sowie den 1989er-Nachzügler »Tempted And Tried«, damals auf dem Sub-Label Dover Records, veröffentlicht. Bis heute veröffentlichen Steeleye Span regelmäßig gute Alben beim Speziallisten Park Records aus Oxford. Um der aussterbenden aber zahlungskräftigen Zielgruppe der alten Fans noch einmal das Geld aus den Taschen saugen zu können, erschien 2022 bei EMI die 12CD-Box »Good Times Of Old England: Steeleye Span 1972-1983«. Sie beinhaltet praktisch Titelgleich die beiden EMI-Pakete von 2009 und 2010 aber hier leider ohne »Tempted And Tried« (1989). Dafür gibt es die drei Live-Alben »On Tour« (damals nur in Australien erschienen), »Live At The Rainbow Theatre 1974« und »Live At The Berklee Performance Centre, Boston 1976«. Zusätzlich dann noch eine Handvoll bisher unveröffentlichte alternative Titel. Wer diese opulente teure Box braucht, sollte über die Anschaffung selbst entscheiden. Mein Fazit: Ich kaufe sicher nicht !!

All Things Are Quite Silent – Complete Recordings

Wer auch die Phase von Steeleye Span um Godfather der britischen Folk-Rock-Bewegung, dem Bassisten und Songschreiber Ashley Hutchings, als drittes Paket haben möchte, das hat Cherry Red als »All Things Are Quite Silent – Complete Recordings« (2019) herausgebracht. Diese schöne 3CD-Box versammelt die Wiederveröffentlichungen der ersten drei großartigen Alben dieser bahnbrechenden britischen Folk-Rock-Gruppe »Hark! The Village Wait« (1970), »Please To See The King« (1971) und »Ten Man Mop Or Mr. Reservoir Butler Rides Again« (1971). Die Truppe wurde von Hutchings 1969 nach seinem Ausstieg bei Fairport Convention gegründet. Zur ersten Besetzung der Gruppe, die das erste Album dieser Sammlung aufnahm, gehörten natürlich auch die Sängerin Maddy Prior, der Sänger und Multiinstrumentalist Tim Hart, die Sängerin Gay Woods und ihr Ehemann, der Multiinstrumentalist Terry Woods. Nach dem Ausscheiden von Gay und Terry (später The Woods Band und Gay & Terry Woods) stießen der Gitarrist Martin Carthy und der Geiger Peter Knight zur Gruppe und nahmen an den Aufnahmen der beiden übrigen Alben dieser Sammlung teil.

The Old Testament

Diese ungewöhnliche Gruppe fand sich erstmals 1974 im englischen Guildford, (Surrey) unter dem Namen Guildford Stranglers zusammen. Initiator war der 1938 geborene Schlagzeuger Brian Duffy alias Jet Black. Obwohl sie während der anfänglichen Explosion des Brit-Punk zu Ruhm und Ehren gelangten, unterschieden sich die The Stranglers wie sie sich später nannten immer sehr stark von den anderen Punkern des 77er Jahrgang. Unheimliche psychedelische Untertöne durch Dave Greenfields Keyboards waren ein prägendes musikalisches Mosaikstück. Die 5-CD-Box »The Old Testament – The UA Studio Recordings 1977-1982« (1992/2013) bündelt die Studio-Aufnahmen von The Stranglers für das United Artists Label aus den Jahren von 1977 bis 1982 ziemlich komplett. Darunter finden sich alle sechs Studio-Alben vom den 77er Krachern »Rattus Norvegicus« und »No More Heroes«, über das Hit-Album »Black And White« (1978) bis »La Folie« (1981). Single-A/B-Seiten und weiteres seltenes Material sind beim jeweiligen Album als Zugabe dabei. Damit aber nicht genug. Im Vergleich zur Erstveröffentlichung als 4CD-Long-Box aus 1992 wurde die 2013-Neuauflage, nur als kompakte Jewel-Box mit abgespeckten Büchlein, aber noch um eine fünfte CD mit 15 weiteren Raritäten erweitert. Also auch hier wieder eine echte EMI-Schatzkiste. Die neuere Ausgabe kommt jetzt auf sagenhafte 98 Titel und eine Gesamtspieldauer von weit über sechs Stunden. Natürlich muss durch die kompaktere Ausführung in Kauf genommen werden, dass das ehemals großzügige über 100-seitige Booklet nun etwas eingedampft wurde. Immerhin sind es noch 24 proppenvolle Seiten und die wichtigsten Fakten werden dort gut abgebildet. Neben den Titellisten enthält es hauptsächlich Abbildungen der Alben und Singles, dazu gibt es noch Fotos und vor allem Erklärungen zu den Songs der Raritäten-CD. Aber egal, auch so ist »The Old Testament« eine hervorragende und damals sehr günstig angebotene Zusammenstellung. Musikalisch war es bis zu poppigeren Songs wie »Duchess«, das barock mit Cembalo instrumentierte und damit völlig aus der Zeit gefallene »Golden Brown« oder das im Set zeitlich den Abschluss bildende »Strange Little Girl« ein weiter Weg. Die ersten fünf maßgeblich von Punk und New Wave geprägten Alben waren noch deutlich rauer, wilder, ungestümer. Trotzdem konnte die Band, speziell in ihrer britischen Heimat, von Beginn an mit ihren Alben viele Hits landen und Songs wie »Grip«, »Peaches«, »No More Heroes«, »Nice N’ Sleazy«, »Hanging Around«, »Straighten Out« oder ihre Cover-Version von »Walk On By« wurden zu Alltime-Klassikern. Erst mit »La Folie« und dem größten Hit »Golden Brown« wurde es etwas weniger sperrig und dafür aber poppiger, wobei selbst dieses Album sicher nicht als seichter Mainstream bezeichnet werden kann. Vor allem der dominante Bass-Einsatz von Jean-Jacques Burnel und die queren Orgel-Salven unterschied The Stranglers sehr deutlich von vielen anderen Post-Punk-Bands. Dazu der Gesang von Gitarrist Hugh Cornwell, zwischen hypnotischen Sprechgesang und eruptiven Schrei-Orgien. Auch bei den späten, etwas mehr auf Massenpublikum ausgerichteten Alben, steckten noch genügend urbane Kräfte von New Wave und Punk. Wenn man das bärenstarke Frühwerk von The Stranglers mit seinen Studioaufnahmen in kompakter Form auf CD haben will, ist »The Old Testament« aktuell die umfassendste und günstigste Lösung, da diese Box immerhin sechs komplette klanglich überarbeitete Studio-Alben, 15 weitere Raritäten-Titel und einige zusätzliche Singles enthält. Und das alles zumeist zu einem unschlagbaren Preis einer Einzel- oder Doppel-CD, da gab es nichts zu meckern. Noch heute findet man dieses schöne Teil recht oft und schnell gebraucht.

Original Album Classics

Wer auch noch »Original Album Classics« mit anschafft, damit schließt man mit den fünf weiteren Alben für Epic an: »Feline« (1982), »Aural Sculpture« (1984), »Dreamtime« (1986), »All Live And All Of The Night« (1987), »10« (1990). Fünf feine Alben der Düster-Rocker in sehr einfacher Darreichungsform ohne Zusatzmaterial und Booklet. Am 3. Mai 2020 starb der Keyboarder Dave Greenfield im Alter von nur 71 Jahren an den Komplikationen einer Covid-19-Erkrankung, etwas später der 1938 geborene Bandgründer Brian Duffy Anfang Dezember 2022 an den Folgen von Post-Covid.

Weiterlesen RZ: CD/DVD Boxen EMI – Klingende und friedliche Grüsse, Der SchoTTe

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