Guru Guru oder Manfreds Geschichte in fünf Akten

Prolog: Guru Guru(Oder) Was Macht Ihr Eigentlich, Wenn Ihr Einmal Älter seid? Eine berechtigte Frage die bewegt, anregt und immer wieder mal auftaucht, vor allem auch bei Mani Neumeier und seinen Gurus. Diese genannte Video-Dokumentation führt, untermalt mit Klängen von Jazz, Rock, Blues und Welt-Musik, aus dem psychedelischen Landleben einer Kommune im Odenwald, über das legendäre Finki-Open-Air sogar bis nach Indien und Japan. Stets Innovativ, neugierig und experimentierfreudig ist Mani´s Kult-Band bis heute tatsächlich geblieben und gibt uns selbstredend auch die Antwort mit (und ist 2020 sehr aktuell): Weitermachen!: Yes, We Do It!

2008: L_Elektrolurch Mani Neumeier, M_Roland Multitalent Schaeffer, R_Gast-Gitarre aus Japan

2015: L_Peter Kühmstedt, M_Hans Reffert (verstorben 22-02-2016), R_Mani Neumeier
Vorne: Guru Guru Legacy DVD

Akt_1.1.: Rebell & Hippie Mani – Eine Rezension über eine Video-Dokumentation des Lebenswerks eines renommierten internationalen Künstlers zu schreiben, besonders bei so einem verdienten und sympathischen Musikschaffenden wie dem am Münchener Silvester 1940 geborenen Spengler und Musik-Guru Manfred Neumeier, ist tatsächlich eine Auszeichnung. Diese hätte aber vor allem eigentlich Rebell & Hippie Mani schon lange verdient, denn der hat mehr als sechs Jahrzehnte weltweit massiv Werbung für die deutsche Musikkultur gemacht. All das sagte ich auch seiner sehr sympathischen ehelichen Weggefährtin Etsuko Watanabe, zuletzt beim wieder famosen Finkenbach-Festival 2018 (siehe Akt 3). Er ist in Japan Kult und fast bekannter als hier in seiner Heimat, dort steht er neben anderen berühmten Rock-Musik-Titanen sogar als lebensgroße Kopie im Wachsfiguren-Museum im Tokio-Tower. Seine ersten deutlichen jazzigen Musik-Stationen waren ab den frühen 60igern Mitarbeit bei Philly Joe Jones, dem Globe Unity Orchester, Manfred-Schoof-Quintett, Wolfgang Dauner und Irène Schweizer Trio, bevor er dann im Sommer 1968, im wilden Jahr der Studentenrevolten, mit Bass-Compañero Uli Trepte die Kult-Kraut-Rock-Band Guru Guru Groove gründete und mit den Alben UFO (1970, Ohr), Hinten (1971, Ohr) und Känguru (1972, Brain, siehe auch Beitrag Remo4) sehr früh schon drei seiner Klassiker veröffentlichte. Der Kang-Tüftler Conny Plank und Ax Guitar Genrich waren da auch schon mit an Bord der Hippie-Kraut-Maschinerie. Auch abseits vom rockigen Mainstream, ohne übergroße Hits, sehr wenig Promotion und Airplay, ging das Guru-Kollektiv ihren eigenen Weg und behauptete sich nun stabil und epochal über Jahrzehnte mit ihrer Synthese von experimentellem Rock über Avantgarde und Jazz-Rock-Variationen bis hin zu weltmusikalischen Einflüssen. Das haben sie hundertfach, auch schon mehrfach Live in der Balver Höhle (siehe Bericht Empire_128), immer wieder bewiesen. Bis heute arbeitet Häuptling Mani mit vielen seiner Weggefährten nicht nur bei Guru Guru immer wieder kollegial zusammen und die Liste seiner Alben und Kooperationen ist ellenlang, ein wahres Who-Is-Who der internationalen Musikszene. Das immer noch sehr vitale fast 80-jährige Enfanterrible ist immer noch kraftvoll einer der visionärsten, individuellsten, kreativsten, vielseitigsten Schlagwerker Europas, rhythmischer Kopf vieler künstlerischer Projekte und eben ein Trommel-Maniac und Musik-Guru-Guru. Ein Segen für die europäische Musik-Kultur und weit darüber hinaus. Weitermachen!: Yes, We Did It!

2018: Musiker-Legende Manfred Neumeier

2019: Drummer Mani Magic Neumeier

Akt_1.2.: Mani´s Gefährten – Diese 93-minütige Video-DVD-Doku-

Hinten: Guru Guru Legacy DVD

mentation (2015: PAL, 4:3, Deutsch) zeichnet im Wechsel zwischen im privaten Umfeld geführten Interviews und teilweise historischen Live-Mitschnitten über alle vorher schon genannten Karriere-Schritte und Projekte (auch als Rattenfänger im Film Notwehr) seit Mitte der 60iger die Karriere von Mani und seinen Guru Guru Mannen interessant und informativ nach. Hier sieht man beispielsweise den Psych-Rock-Mani spielend auf einem Drum-Sitz bestehend aus zwei leeren Getränkekästen, auch beim kollektiven rauchen einer dicken Monster-Tüte, beim (Überlebens)Kampf mit einem übergroßen Bagger, beim Jammen mit vielen der interviewten Mitstreiter. Selbst die langjährigsten Guru-Guru-Jünger erfahren und erleben hier von wichtigen Protagonisten wie etwa Ax Genrich, Hartmut Höfele, Karl-Heinz Osche, dem 2016 früh verstorbenen Gitarristen & Rock´N´Roll Machine Hans Reffert und fast allen aktuellen Bandmitgliedern sicher auch einiges Rares, Überraschendes und Neues. Die Video-DVD (bereits ein rares Sammlerstück) von Macher Dieter Wöhrle kann direkt bei ihm unter woehrle.dieter@web.de für glatte 20 Euro bestellt werden. Wer zusätzlich noch einen schönen Karriere-Überblick von einer der Dienstältesten Rockbands unseres Planeten auch in Schrift, Fotos und CD-Ton als Ergänzung sucht, findet das ergänzend zum Beispiel mit dem Media-Book Kraut ´N´ Rock: Guru Guru Grooves aus der Serie Masterminds vom Heupferd Musik Verlag oder der umfassendsten Live-Doppel-CD, 45 Years Live. Bilder: Die Weggefährten.

2018: Mitveranstalter und Label-Boss L_Karlheinz Osche im Gespräch mit R_Klaus Walz (PP Jane)

2018: Weggefährte und Pysch-Gitarrist Ax Genrich – Open Air In The Woods des Pellenzer Festival

Akt_2: Finkenbach-Festival 2017 – Ich habe mich sehr lange darauf gefreut !! Der SchoTTe durfte 2017 ergriffen und mit ständigem Rieseln über dem Rücken einem Konzert beiwohnen, das die „drei Rentner“ Eberhard Kranemann (1970 bis 1971: Cello, Hawaii-Gitarre, Bass bei Kraftwerk, später auch noch bei Neu!), Harald Großkopf (Schlagmann und KreativKopf bei zwei Dutzend deutschen Bands und Projekten) und Manfred Elektrolurch Neumeier (Mastermind Guru Guru) als Live-Trio-Special gegeben haben. Mein lieber Schwan, war das ein Feuerwerk, oder sollte ich Krautwerk sagen, so nennt Eberhard das Dach seiner aktuellen Projekte. Wer die erste Phase von Kraftwerk (von den Alben Tone Float/Organisation bis Ralf & Florian) liebt wie ich auch, der sollte mal bei einem der raren Erscheinungen vom Avantgarde-Künstler Eberhard Kranemann teilnehmen, die teilnehmenden Klangtüftler wechseln natürlich bei seinen Projekten. Er hält die Visionen aus der Anfangszeit des Sound Of Düsseldorf sehr avantgardistisch und farbenfroh am Leben, und das nicht nur mit Musik, sondern in vielen Ausdrucksformen. Der Auftritt dieses Trio war 2017 ein unvergessliches Erlebnis! Bilder: Kranemann, Neumeier, Grosskopf vor/auf der Bühne

Kranemann, Neumeier, Grosskopf vor der Bühne

Kranemann, Neumeier, Grosskopf auf der Bühne

Akt_3: Finkenbach-Festival 2018 – Zwischen den Feuerwehr-Festen Ende der 60iger bis hin zum diesjährigen größten Kraut-Rock-Festival in Europa liegen über 50 Jahre deutsche Musik-Geschichte, 36-mal Finkenbach-Open-Air mit hunderten von renommierten Bands. Und dann im Jubiläum des „Jahr Der Revolte“ 1968 sogar auch noch oben drauf der 50iger von Guru Guru. Nicht auszudenken, wenn die örtliche Feuerwehr und die Behörden diesmal gekniffen und die drohende Absage wegen Waldbrandgefahr, die wie eine düstere Gewitterwolke über das berühmte Hippie-Dorf im Odenwald schwebte, nicht abgewendet hätten. Alles noch einmal gut gegangen, Festival-Haupt-Männer Mani Neumeier, damals fast 78-jährig und Mega-Vital, sowie Karlheinz Osche konnten nach etlichen schlaflosen Nächten durchschnaufen und die Fanfaren: Aufbruch ins Tal zum Finki_2018 modern auf der Webseite blasen. Da ist es nur recht, wenn auch TV_SWR und Presse das ordentlich würdigen (der SchoTTe wird sogar auch noch interviewt und kommt im TV-Beitrag zu Wort), denn mit Epitaph, Dissidenten, Amon Düül II, Embryo, Birth Control, Kraan, Guru Guru mit Gästen Ax Genrich und Luigi Archetti sowie Peter Panka´s Jane ist 2018 fast die gesamte deutsche Kraut-Rock-Prominenz hier im Odenwald angetreten. Geballter Kraut-Power, wieder ein unvergessliches Erlebnis !! Bilder: Drei Krautrocker bei der Arbeit.

2018: Drei Krautrocker bei der Arbeit

2019: Back To The Roots – Guru Guru Groove Band

Akt_4: Finkenbach-Festival 2019 – Ja ist es denn schon wieder soweit? In das verträumte, ruhige Dorf in dem der Finkenbach seinen Weg Richtung Neckar sucht, strömen nun wieder zum 37-mal die Hippies zum 2-tägigen Finkenbach-Open-Air. Für die circa 500 Dorfbewohner ist es schon seit 43 Jahren das „Guru-Feschd“ und die Hälfte der Finkenbacher ist seit Wochen intensiv mit den mannigfaltigen Vorbereitungen zum Hippie-Dorf-Festival beschäftigt. Ganz anders als 2018, im Jubiläums-Jahr des Aufbruchs (1968), mit einem Kraut-Rock-Meeting der Extraklasse, ist die Bandbreite diesmal wieder größer, aber thematisch geordnet mit Psychedelic und Blues-Rock am Freitag und Classic und Afro-Rock sowie World-Musik am Samstag. Natürlich ist auch die Haus-Band Guru Guru von Elektrolurch Mani Neumeier wie immer mit dabei. Mani Neumeier und seine drei Mannen an Gitarren, Bass, Flöten jeder Art, vielerlei Perkussion passen mit Guru Guru wieder mal nahtlos in das Programm, spielen routiniert und mit neuen Akzenten wie immer das bekannte „Hit-Potpourri“. Der trotz seines Alters von fast 80 Jahren (am Silvester 2020 ist das soweit) immer noch sehr vitale Elektrolurch, wird hinter seiner Schießbude gleich Jahrzehnte jünger und drischt auf seine Gerätschaften ein, wie am Beginn seiner Karriere Mitte der 60iger. Unglaublich dieser Schlag-Mann und Ikone des Kraut-Rock. Ich hatte den Herrn Neumeier Anfang 2019 bei der Hessischen Staatskanzlei (Abteilung Protokoll und Veranstaltungen) in Wiesbaden für das Bundesverdienstkreuz vorgeschlagen, ist aber leider abgelehnt worden. Aber wer soll denn dann diese Auszeichnung in der deutschen Musikszene bekommen, wenn nicht der Elektrolurch aus dem Odenwald. OK, Udo Lindenberg aus Gronau, auch ein ganz Großer, ebenfalls ein Schlagzeuger !! Bilder: Guru Guru Groove Band.

Kraut ´N´ Rock mit Autogramm M Neumeier

Cover mit Autogramm Harald Großkopf

Akt_5: Finkenbach-Festival 2020 – Der Mani ist auch ohne Orden und Verdienstkreuz weiterhin ein agiler Tausendsassa und ein durchzugsstarker Motor der deutschen Rockszene und das seit über 50 Jahren. Wenn er für einen Event zusammentrommelt, kommen sie alle (siehe 2018), die alten Weggefährten, das will Mani auch dieses Jahr und obendrein somit würdig seinen 80igsten Geburtstag feiern. Aber nicht wegen dem Corona-Virus ist dieses Jahr tote Hose im Dorf Finkenbach. Ich wurde im Herbst 2019 mit der Meldung (nicht wirklich) überrascht, Finkenbach ist Geschichte, es lebe das Cosmic Castle Festival – das neue Guru Guru Fest 2020 auf der Burg Neuleiningen mit Atomic Rooster, Gong, Guru Guru, Marblewood !! Wunderbar, aber zu früh gefreut, nun doch verschoben auf den 14. August 2021, dann ist Manfred Elektrolurch Neumeier auf dem Weg sagenhafte 81 Lenze alt zu werden, Chapeau !! Bye-Bye „Finki“ in Finkenbach im Odenwald, danke für eure jahrzehntelange, großartige Leistung für die deutsche Musik-Kultur. Schaut gelegentlich wieder rein beim RockZirkus, ich halte euch über den kosmischen Elektrolurch auf dem Laufenden, versprochen !! Bilder: 1. Cover Kraut ´N´ Rock mit Autogramm Mani Neumeier, 2. Cover mit Autogramm Harald Großkopf. Klingende Grüsse, Der SchoTTe

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3 Kommentare

  1. Anspruchsvolle Musik-Liebhaber haben am 14. August 2021, beim nächsten Finki-Next-Level (Cosmic Castle Festival) im Rhein-Neckar-Dreieck die Chance Mani und seine Mannen (Roland, Pätta, Jan) Live zu erleben. Ich rate dringend dort aufzutauchen und mitzufeiern. Über Atomic Rooster und Gong brauche ich nicht viele Worte zu verlieren. Auch für Marblewood (Mitglieder von den Jam-Psych-Rockern Ginger), eine junge frische Schweizer Band, lohnt der Besuch sicher. Wer sich auch noch für die Schnittmenge von Guru Guru mit den Polit-Rockern Cochise interessiert, lest mal meinem Kommentar beim sehr schönen Beitrag Cochise (DE) von Mellow nach. Bleibt weiter Gesund und Leidenschaftlich !! Klingende Grüsse, Der SchoTTe

  2. Guru Guru begleiten mich ja auch schon ein halbes Jahrhundert, aber mit denen bin ich tief in den 70ern stecken geblieben. Könnte mir mal wieder eine oder zwei Platte/n gönnen. Die waren damals ziemlich heavy (für mein Verständnis) und hatten so gar nichts gemein mit der Krautrockszene. Heute sind die verschiedenen Line-ups natürlich Legende, egal welchem Genre man die zurechnet.

    Leider habe ich die Band nur ein Mal live erlebt, ich schätze mal, das war in den 80/90ern und ich war ziemlich überrascht, dass da eine Frau mit auf der Bühne stand. Es ist alles ein bisschen neblig, ab sie könnte die Sängerin gewesen sein. War wahrscheinlich in Zürich in einem der ungezählten Schuppen die es damals noch gab und die heute allesamt untergegangen sind. Das Konzert damals war schon extrem und so gar nicht wie ich “meine” Guru Guru” kannte. Ich habs genossen.

    Cheers

    Roland

  3. Ein grandioser Einblick ins Universum von Guru Guru, danke @ SchoTTe!

    ROCK ON!
    mellow

    PS.
    Willkommen im RZ-Blog, ich freue mich jetzt schon auf alle die Beiträge die da noch kommen werden.

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