Schatzkisten: Chas & Dave – Cockney Rebel – Steve Harley – Duran Duran
EMI hatte in der Zeit von 2010 bis 2015 im Bereich Bündelung von Original-Alben als Pakete (Klein-Budget-Serien) von drei bis sechs CD’s die Preis-Leistung-Referenzqualität !! Es gab auch die CD-Boxen Original Album Serie (Warner, 5CD) und Original Album Classics (Sony/BMG, 3CD oder 5CD) im Platz sparenden Papp-Schuber. Da waren die einzelnen Original-Alben (je CD ein Album) in einfachen Papp-Taschen (Paper-Sleeve) in LP-Hüllen Replica-Design und ohne Booklet sowie meist auch ohne Bonus-Titel und aktuelles Remastering. Für Liebhaber die fast lückenlos die Entwicklung der Geschichte oder Teil-Geschichte der/des Künstler/s mittels Alben und Bonus-Material verfolgen möchten, bot EMI damals die preiswerteste Alternative zu den teils nicht mehr verfügbaren und/oder teuren Einzel-Alben/Singles. Auch wenn man den Output eines Künstlers beziehungsweise Band sowie eines Labels (Charisma, Decca, Harvest, Island, Motown, Vertigo, Virgin) auf zwei Boxen verteilt hatte, wie beispielsweise Steeleye Span, Robin Trower, Tangerine Dream oder UFO, die Quantität und Qualität bleibt immer gleichbleibend hoch. Bei den Label-Übersichten von Island und Virgin sind die sechs verschiedenen 3CD-Boxen sogar nach Zeit und/oder Thema gegliedert. Leider sind heute viele Ausgaben nur noch auf dem Gebraucht-Markt zu haben, dennoch findet man die immer wieder mal, suchen lohnt sich sehr. Also: AUGEN AUF !!!
Leider zahlt der Käufer heute eh fast nur noch Logistik und Vertrieb. So kommt es, dass man beispielsweise wie bei Peter Tosh, alle sechs Studioalben, plus Bonus-Titel, plus komplettes unveröffentlichtes Live-Konzert, alles 2012-Remastered, plus tolles informatives Booklet in 6-CD-Box für damals um die SchoTTischen 10 Euro bekommen konnte und im anderen Fall reinfällt mit einem Einzel-Album im vermeintlich wertigeren Digi-Pack ohne Bonus oder Mehrwert für den gleichen oder höheren Betrag. Nachfolgend stelle ich hier in Teil 2 der Serie nun wieder weitere fünf interessante dicke Dinger vor. Weitere Beiträge folgen. Also noch einmal: IMMER AUGEN AUF !!!
Was hat das englische Pop-Rock-Duo Chas & Dave (auch Chas’n’Dave) mit dem US-Rapper Eminem zu tun? Letzterer verwendete in seinem Hit »My Name Is« ein Teilstück aus der Nummer »I Got The« vom Album »Remember My Song« (1976) von Soul-Funker Labi Siffre (wäre auch mal einen Beitrag im RZ wert), bei der Charles Nicholas Hodges (Tasten) und David Victor Peacock (Bass) als Musiker dabei waren. Das Debüt »One Fing ‘N’ Anuvver« erschien 1975 (Retreat Records, nicht Bestandteil der Box) und kurz danach gründete das Duo sein eigenes Label Rockney Records. Session-Arbeit war in den 70igern ihr bevorzugtes Betätigungsfeld, deshalb trifft man sie bei vielen Produktionen wieder, wie etwa bei Black Claw von Albert Lee oder der frühen Supergroup Green Bullfrog. In der zweiten Hälfte des Jahrzehnts begannen Chas & Dave, zusammen mit dem Schlagzeuger Mick Burt, ihren Rockney-Style zu entwickeln, eine Mischung aus Pub-Rock, Boogie Woogie, Music Hall Comedy im Cockney Slang (regionale Umgangssprache in London, siehe hierzu auch Cockney Rebel) und klassischem Rock’n’Roll. »Gertcha«, der Titelsong der hier vorgestellten Kompilation »Gertcha! The EMI Years« (2013), war 1979 deren erster Top-20-Hit in England. Diese Jewel-Box enthält auf CD1 die beiden Studiowerke »Rockney« (1977), »Don’t Give A Monkey’s…« (1979), auf CD2 dann »Live At Abbey Road« (1981) mit fetten 7 Bonus-Titeln. Dann auf Silberling 3 zahlreiche unveröffentlichte Live-Aufnahmen aus den geliebten Abbey Road Studios, B-Seiten und diverse Raritäten. Und auf einer zusätzlichen vollgepackten DVD ein komplettes Konzert aus dem Londoner Shepherd’s Bush Empire (2005), plus Jam Session, plus Interview, plus Foto-Galerie, mehr geht wirklich nicht. Wer Chas & Dave in der Hochphase erleben und sehen möchte, sollte sich auch das Konzert »Live At Rockpalast« (Repertoire, 2015) vom 09. März 1983 in der Zeche Bochum anschauen. Wieder mal ungewöhnliche Musik und zwei sehr schöne Zeit-Zeugnisse.
Zu Beginn ihrer Karriere wurde die Band Cockney Rebel vor allem wegen ihres extravaganten Auftretens der Glam-Rock-Szene zugerechnet. Der Name der 1972 von Stephen Malcolm Ronald Nice aka Steve Harley gegründeten Band ist Programm, denn Cockney ist absolut nicht der Slang der in London von Aristokratie oder Parlamentarier gesprochen wird. Dies in erster Linie wohl aufgrund ihres schrillen Bühnen-Outfits. Musikalisch war ihr Spektrum allerdings wesentlich breiter. Es reichte von der symphonischen Rock-Ballade (Chart-Hit: »Sebastian«) über Folk-inspirierte Songs, Rock’n’Roll-Adaptionen und Vaudeville-Anklängen bis hin auch zu progressivem Rock. Der britische Sänger und Gitarrist Steve Harley, mit seinem Hang zur schrillen Inszenierung, schrieb fast das gesamte Song-Material der Band, er wurde nicht selten sogar als egomanischer Bandleader kritisiert. Mit ihren ersten beiden Alben »The Human Menagerie« (1973: Soft-Glam-lastig), »Pychomodo« (1974: Experimenteller) und einigen Singles sorgte das UK-Quintett international für Furore. An den Reglern Technik-Wizard Alan Parsons, der nach den Beatles Abbey Road und Pink Floyds Dark Side Of The Moon damit sein drittes Meisterstück abliefert, bevor er dann selbst mit APP seine eigenen Geschichten schreibt. Die beiden neu remasterten Alben mit den dazugehörigen Single-Versionen stehen im Mittelpunkt der neuen 4-CD-Box (plus klasse Booklet) »Cavaliers – An Anthology 1973-1974« (2012). Dazu bietet die dritte CD ganze 14 unveröffentlichte Titel (alternative & ungekürzte Versionen, Alternative Mixe) der ersten beiden CD’s im brillanten Klang. Weiter gibt es auf der CD4 insgesamt zehn teilweise unveröffentlichte BBC-Titel von 1974 (BBC In Concert, Old Grey Whistle Test, John Peel Session). Mit dieser musikalisch sehr wertigen Box bekommt man das Cockney Voll-Programm Teil Eins, nachfolgend mit »The Best Years Of Our Lives – Definitive Edition« (2014) Teil Zwei.
Steve Harley zerstritt sich dann doch mit den ursprünglichen Bandmitgliedern und formierte eine neue Band, die er von nun an Steve Harley & Cockney Rebel nannte. Einzig der Drummer Stuart Elliott, der fortan auch als Studio-Musiker für Paul McCartney, Alan Parsons, Kate Bush und viele andere sehr gefragt war, blieb ihm treu. Das Studio-Album Nummer Drei dokumentiert die Auferstehung, erneut mit Alan Parsons und mit neuer Band, die er wieder natürlich Cockney Rebel nennt. Auf »The Best Years Of Our Lives« (März 1975) glamt nicht mehr viel, nur »Back To The Farm« und »It Wasn’t Me« erinnern noch ein wenig an den früheren Sound. Den damaligen großen kommerziellen Erfolg hatte das Album im Wesentlichen durch die vorab veröffentlichte erfolgreiche Hit-Single »Make Me Smile (Come Up And See Me)«, mit einem grandiosen Akustikgitarrensolo von Jim Cregan. Die zweite Single »Mr. Raffles« und »The Best Years Of Our Lives« gehören zu den Klassikern, mit »Panorama« enthält Best Years leider auch eine Anbiederung an den amerikanischen Mitsiebziger Rock. Auch sonst wirkt das Album im Vergleich zum Debüt und »Psychomodo« heutzutage eher konventioneller und es erscheint mir nicht so sehr gealtert. Und wie gesagt, die dritte erfolgreiche Cockney Rebel Produktion mit Alan Parsons als Produzent. Wer das Glück hat die »The Best Years Of Our Lives – Definitive Edition« (2014) zu besitzen oder noch zu bekommen, dem wird das dritte Studio-Album mit vier Bonus-Titel, Live At Hammersmith 14. April 1975 auf zwei CD’s und 7 Titel davon auf DVD das Voll-Programm präsentiert. Natürlich wäre es besser gewesen das ganze Konzert auf DVD zu bekommen, aber seien wir glücklich das zumindest diese 30 Minuten zur Verfügung stehen. Die beiden nachfolgenden Alben »Love’s A Prima Donna« (1976) und »Timeless Flight« (1976) kann man schoTTisch mit der 5CD-Box »Original Album Series« bekommen. Das Live-Album »Face To Face« (1977) zum Abschluss schließt Steve’s 70iger Arbeiten ab. Erst fast 30 Jahre später gibt es wieder mit »The Quality Of Mercy« (2005) eine Studio-Lebenszeichen. Bis heute ist Steve immer noch aktiv unterwegs, im Februar 2020 erschien sein Solo-Album »Uncovered«. Seine Cockney-Musik aus Mitte der 70iger ist aber immer noch beliebt, bis heute.
Die Singles von den Wild Boys Duran Duran, um die kam man in den 80igern nicht herum, die liefen im Rundfunk und bei MTV eine Zeit lang Non-Stop. Nun alles handlicher gebündelt in einer preiswerten 3CD-Jewel-Box und im neuen Gewand (2003 noch 13 Einzel-CD´s) als »The Singles 1981-1985« (2009). Diese kompakte Form ist nun auch eine ordentliche Sache geworden. Beginnend mit »Planet Earth« der Debüt-Single bis zu »A View To A Kill« dem 007-Bond-Song von 1985 ist alles vertreten. Vor allem die B-Seiten sind relevant, da diese teilweise das erste Mal auf CD erscheinen und welcher Hardcore-Fan möchte schon auf Stücke wie »Khanada«, »Like An Angel« und »Secret October« (wurde in nur 24 Stunden komplett erstellt) verzichten. Die Songs sind in der zeitlichen Reihenfolge der Veröffentlichungen auf den drei CDs, was die Möglichkeiten gibt, die Entwicklung der Band genauer zu verfolgen. Die Songs von damals waren noch bombastische Pop-Musik der Extraklasse. An die zweite Kompilation »The Singles 1986-1995«, beinhaltet die Singles »Notorious« über »Ordinary World« bis »White Lines« auf diesmal 14 CD’s, hat sich EMI noch nicht ran getraut, vermutlich nicht lukrativ genug. Diese beiden Zusammenstellungen sind meiner Meinung nach nur etwas für die Sammler die alles brauchen. Es tut auch die »Greatest« als Limited Edition mit DVD (19 Titel Audio und 21 Titel Video) und damit bekommt man auch die für damalige Zeiten schönen Video-Clips. Was haben die englischen Glam-Rocker Cockney Rebel (Steve Harley) mit den Wild Boys von Duran Duran zu tun. Die Band spielte auf verschiedenen Tourneen eine Cover-Version von »Make Me Smile (Come Up And See Me)« als Zugabe. Eine live aufgenommene Version ist auf der B-Seite der Duran-Duran-Hit-Single »The Reflex« zu hören. Steve Harley wirkte darauf auch als Gastsänger mit, deshalb wurde die Single auch zum begehrten Sammlerobjekt. Hier auf der Box als Titel 5 (CD3) zu finden.
Der Ordnung halber erwähne ich auch noch in dieser Serie das Album Notorious Limited Edition (2010) von Duran Duran. Das Original-Album ist von 1986 und hier auf CD1 angereichert mit vier Single-Versionen und B-Seiten. CD2 fasst Mixe und die EP Duran Goes Dutch zusammen. Die DVD besteht im Kern aus 11 Titeln von der Strange Behaviour Tour 1987 in Rio De Janeiro, die drei Videos Notorious, Skin Trade, Meet El Presidente und einen Mitschnitt von Top Of The Pops (Notorious). Mit den Alben Arena (1984) und eben Notorious waren Duran Duran am Höhepunkt ihres Schaffens.
Im dritten Teil dieser Serie stelle ich auch die drei fetten Boxen von Dr. Feelgood vor. Das Thema habe ich ja schon im Beitrag Feelgood: Wilko Johnson – Who: Roger Daltrey kurz gestreift !!
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